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Bombenanschlag in Dagestan

■ Eine Explosion in der Hauptstadt Machatschkala tötete mindestens 17 Menschen. Möglicherweise galt das Attentat dem Bürgermeister der Stadt. Doch der blieb unverletzt

Machatschkala/Moskau (AP/ rtr/dpa) – Bei einem Bombenanschlag in der südrussischen Republik Dagestan sind mindestens 17 Menschen getötet und 80 verletzt worden. Die Explosion hinterließ einen fünf Meter großen Krater in einer Straße der Hauptstadt Machatschkala und zerstörte mehrere Wohnhäuser. Anscheinend im Zusammenhang mit dem Anschlag kam es am Samstag auf der nordrussischen Insel Nowaja Semlja in der Barentssee zu einer Geiselnahme. Fünf dort stationierte Seeleute entführten 47 Menschen und forderten, nach Dagestan geflogen zu werden. Wie es hieß, vermutete einer der Entführer, daß ein Angehöriger unter den Opfern in Dagestan war. Eine Antiterroreinheit beendete die Entführung noch am selben Tag ohne Blutvergießen. Die Nachrichtenagentur Interfax berichtete, alle Geiseln seien unverletzt geblieben.

Nach der Explosion wurden laut einem Bericht des russischen Fernsehsenders NTV in Gebäudetrümmern noch rund 100 Verschüttete vermutet. Es müsse mit noch mehr Toten gerechnet werden. Die dagestanische Regierung verurteilte den Anschlag als „monströsen Terrorakt“. Der russische Präsident Boris Jelzin und der amtierende Ministerpräsident Wiktor Tschernomyrdin drückten den Angehörigen ihr Beileid aus.

Das Ministerium für Katastrophenschutz erklärte, vermutlich sei eine Artilleriegranate in das Viertel geschossen worden, in dem sich auch die Wohnsitze des Bürgermeisters und Ministerpräsidenten befinden. Später hieß es, es habe sich möglicherweise um einen Anschlag auf Bürgermeister Said Amirow gehandelt. Er blieb ebenso unverletzt wie Ministerpräsident Chisri Schichsaidow, dessen Autokolonne laut der der russischen Nachrichtenagentur ITAR- TASS Minuten vor der Explosion den Tatort passierte. Auf den Bürgermeister wurden in diesem Jahr bereits zehn Anschläge verübt.

Jelzin verurteilte den Bombenanschlag als Angriff auf die Einheit Rußlands. Dies sei eine Herausforderung an das ganze Land, erklärte er in Moskau. In einem vom Präsidialamt veröffentlichten Schreiben Jelzins an die Behörden Dagestans hieß es, mit dem Anschlag wollten zerstörerische Kräfte den Stabilisierungsprozeß in der Republik Dagestan behindern.

Kriminelle hätten Rußland in Dagestan den Krieg erklärt, sagte der russische Innenminister Sergei Stepaschin und betonte: „Wir nehmen ihn an.“ Der geschäftsführende russische Regierungschef Tschernomyrdin erklärte: „Die Tragödie geht auf das Gewissen von Banditen, die die Lage in Dagestan verschärfen wollen.“ Staatsrat und Vertreter der Sicherheitsorgane der Republik kamen zu einer Krisensitzung zusammen.

Im an Tschetschenien grenzenden Dagestan kämpfen religiöse und ethnische Gruppen gegeneinander. Eine Autobombe tötete kürzlich den islamischen geistlichen Führer Dagestans. Kommentar Seite 12

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