Was kostet der Krieg im Kongo?

■ Während Angola und Simbabwe mit ihrem Eingreifen ihre Volkswirtschaften strapazieren, ziehen Uganda und Ruanda eher Profit

Brüssel (taz) – Können sich die Nachbarländer der Demokratischen Republik Kongo eine dauerhafte militärische Präsenz in dem Land leisten – ob zur Teilnahme am Bürgerkrieg oder zur Sicherung eines Waffenstillstands? Die Frage läßt sich für die beiden Lager unterschiedlich beantworten.

Für das militärisch mächtigste Interventionsland, Angola, kommt die Militärexpedition zum Schutz von Präsident Laurent-Désiré Kabila ökonomisch gesehen eher ungünstig. Wegen der fallenden Ölpreise auf dem Weltmarkt werden die Staatseinnahmen des zunehmend vom Ölexport abhängigen Angola dieses Jahr um 40 Prozent unter dem Niveau von 1996 liegen. Schon die Militärintervention in Kongo-Brazzaville im vergangenen Jahr kostete Geld. Angola rutscht immer mehr in eine reine Kriegswirtschaft, in der Investitionen dem Militär geopfert werden. Doch die Zusatzkosten des angolanischen Engagements im Kongo sind eher marginal.

Angola gibt für den Krieg seine Öleinnahmen aus

Zur Finanzierung eines expandierenden Militärapparats hat die Regierung verschiedene Möglichkeiten. Zum Beispiel kann sie zukünftige Öleinnahmen verpfänden. Angolas Präsident Eduardo dos Santos einigte sich außerdem vor kurzem mit Rußland auf eine Umschuldung der angolanischen Altschulden gegenüber Moskau aus Sowjetzeiten und bestellte umfangreiches neues Militärmaterial. Dazu kommt das Fehlen innerer und äußerer Kritik: Die innere Opposition ist Bürgerkriegsgegner, und die USA und Frankreich – Hauptausbeuter der angolanischen Ölfelder und zugleich wichtige Geldgeber im Internationalen Währungsfonds – haben auf Angola keinerlei Druck ausgeübt, seine Truppen aus Kongo-Brazzaville abzuziehen, obwohl das Ende 1997 vom UN-Sicherheitsrat verlangt wurde.

In Simbabwe und Namibia hingegen sparen Presse, Opposition und Gewerkschaften nicht mit Kritik an der Militärhilfe für Kabila. Je mehr tote Soldaten aus dem Kongo in die Heimat zurückkehren, desto stärker wird die Kritik, in die jetzt sogar Parlamentsabgeordnete der simbabwischen Regierungspartei ZANU-PF einstimmen. Die Frage ist, ob Simbabwes Regierung sich mit ihren Kongo- Interessen dagegen durchsetzen kann. Der staatliche Rüstungskonzern „Zimbabwe Defence Industries“ hat einen Vertrag mit der kongolesischen Bergbaufirma „Gecamines“ zur Nutzung kongolesischen Kupfers abgeschlossen, und Präsident Robert Mugabes Neffe Leo hat private Geschäftsinteressen im Kongo.

Das Problem der Regierung ist, daß Simbabwe anders als Angola über keinerlei finanzielle Manövriermasse verfügt. Heute soll in Simbabwes Hauptstadt Harare eine Geberländerkonferenz beginnen, auf der die Regierung drei Milliarden Mark zur Finanzierung der Umverteilung weißen Großgrundbesitzes an schwarze Bauern sucht. Aber die Geber könnten durchaus meinen, daß Präsident Mugabe dieses Geld gar nicht braucht, wenn er sich einen Krieg im Kongo leisten kann. So wird Simbabwe vermutlich viel früher im Kongo die militärische Puste ausgehen als Angola.

Auf der Gegenseite, bei den Unterstützern der kongolesischen Rebellen, sieht es anders aus. In Uganda und Ruanda genießt das Militär ebenso wie in Angola politischen Vorrang. Beide Länder verfolgen im Kongo die Strategie des offensiven Grenzschutzes gegen feindliche Milizen. Für Ruandas Tutsi-Minderheit, aus der die Mehrheit der Militärhierarchie kommt, ist das „containment“ der Hutu-Milizen eine Überlebensnotwendigkeit.

Für Uganda und Ruanda bringt der Kongo Geld

Wie Angola, aber in geringerem Maße, kann Uganda zur Kriegsfinanzierung Bodenschätze ausbeuten – eine Option, die Ruanda nicht hat. Ruanda hat dafür in den angrenzenden Regionen des Kongo eine regelrechte Kriegswirtschaft auf Grundlage der Nutzung des jenseits der Grenzen liegenden Kampfgebiets aufgebaut. Nützlich sind hier vor allem Gold und Lebensmittel. Zugleich ist der Osten Kongos zu einem Markt für die ugandische Konsumgüterindustrie geworden.

Für Ruanda wie Uganda ist die militärische Präsenz im Kongo – die seit der Unterstützung Kabilas im Krieg gegen Mobutu 1996/97 andauert – nicht nur eine Polizeiaktion, sondern ein Wirtschaftsprojekt. Nach einem Bericht der unabhängigen Konfliktregelungsorganisation „International Crisis Group“ wuchs Ugandas Goldexport zwischen 1995 und 1997 von 23 auf 80 Millionen Dollar, und der Kaffeeexport stieg zwischen 1996 und 1997 von 28 auf 44 Millionen Sack – alles Exporte, die zu einem großen Teil auf Einfuhren aus dem Kongo basieren. François Misser