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Schlampereien mit Methode

■ Asbest-Freisetzung bei Abriß der Margarine-Union war kein Einzelfall /Abbruchunternehmen wurde auch in Schwerin auffällig Von Heike Haarhoff

Umweltkriminalität als Unternehmermethode: Die groben Verstöße der Hamburger Gebäude-Abbruchfirma Uwe Feldtmann KG gegen Arbeitsschutzbestimmungen und Gefahrstoffverordnung beim Abriß der asbestverseuchten ehemaligen Margarine-Union in Altona sind kein bedauerlicher Einzelfall.

Geschlampt wurde auch bei Abrißarbeiten in der mecklenburgischen Landeshauptstadt Schwerin, bei denen die Hamburger Firma als Hauptauftragnehmerin zeichnete. Das bestätigte die zuständige Arbeitsschutzbehörde jetzt gegenüber der taz.

Ähnlich wie in Hamburg seien auch in Schwerin die vorgeschriebenen Asbest-Kataster unvollständig erstellt, der krebserregende Stoff – trotz mehrfacher Untersagung – in rauhen Mengen freigesetzt worden. Die Schweriner Arbeitsschützer werden eine detaillierte Aktensammlung nach Hamburg weiterleiten, die nicht unerheblich für die laufenden Ermittlungen von Staatsanwaltschaft, Umweltpolizei und Arbeitsschutzamt sein dürfte: Derzeit erwägt das Bezirksamt Altona, das Unternehmen, das sich sogar gerichtlichen Vereinbarungen widersetzt, per Gewerbeuntersagung aufs Schärfste zu sanktionieren.

Nach Auskunft der Behörden ist die Firma Feldtmann in Schwerin in mindestens zwei Fällen auffällig geworden: Beim Abriß des alten Schlachthofs – im Oktober 1992 hatte die Stadt beschlossen, das 33.000 Quadratmeter große Areal in nobler Innenstadtlage in ein Wohn-, Büro- und Nahversor-gungszentrum zu verwandeln – wurde das in Mauern und Dächern enthaltene Asbest ordnungswidrig ent-sorgt.

Wider die Arbeitsschutzbestimmungen gehandelt wurde unlängst auch bei der Sanierung des Heizhauses auf dem Gelände des Siemens-Kabelwerks im Schweriner Industriegebiet Sacktannen. Bauarbeiter sollen unzureichend geschützt mit asbesthaltigen Nachtspeicheröfen in Berührung gekommen sein; auf vorgeschriebene Dacheindeckungen wurde verzichtet, was dem Unternehmen ermöglichte, seine Dienste zu günstigen Tarifen anzubieten und zahlreiche Aufträge einzuheimsen.

Daß die Verstöße in Schwerin nach Auskunft der Staatsanwaltschaft bisher weder strafrechtlich geahndet noch Bußgeldverfahren gegen die Firma eingeleitet wurden, „liegt daran, daß das Unternehmen äußerst schwer zu belangen ist“, erklärte ein Behörden-Mitarbeiter: Die Feldtmann KG bediene sich geschickterweise unzähliger Subunternehmen, so daß ihr selbst Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Gesundheits- und Umweltgefährdung kaum nachgewiesen werden könnten. Möglich sei auch, daß in Schwerin „wegen des recht lockeren Umgangs mit Asbest zu DDR-Zeiten“ erst mit einiger Verspätung das eigentliche Ausmaß der Schlampereien erkannt worden sei.

Beim „Länderausschuß für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik“ im kommenden Frühjahr in Schwerin werden die Methoden a la Firma Feldtmann ganz oben auf der Tagesordnung stehen.

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