■ Kommentar: Tschüß, SPD!
Ein einziges schlechtes Umfrageergebnis macht noch keine Krise. In Hamburg ist der Sachverhalt jedoch genau umgekehrt: Die letzten Wahl- und Umfrageergebnisse machen Stück für Stück jene grundlegende SPD-Krise deutlich, die 1974 mit dem Ölpreisschock, dem Durchmarsch der 68er und der Kanzlerschaft Helmut Schmidts ihren Anfang nahm.
Seit dem Ende der wirtschaftswundergläubigen Wachstumsjahre hat die SPD zunächst eine ganze Generation von WählerInnen und AktivistInnen verloren, die heute 30 bis 45jährigen. Dann hat sie Schritt für Schritt die Glaubwürdigkeit auf fast allen Politikfeldern verspielt: Ob Bürgerrechte oder Sozialstaat, ökologische Erneuerung oder innovative Wirtschaftspolitik – ohne Konzepte und Zukunftsentwürfe schlingerten die Elbgenossen, erst arrogant, heute angstbesessen gegenüber den Grünen, durch die Kohl-Ära.
Wie ausgehöhlt die traditionsreiche Wachstumspartei war, haben die Hamburger Wahlergebnisse lange verschleiert. Doch jetzt wird das ganze Elend, wie selbst die Parteivorsitzenden Helmuth Frahm und Jörg Kuhbier zuletzt immer offenherziger einräumten, in seinem ganzen Ausmaß sichtbar.
Rettung ist nicht in Sicht. Von der Führung über Mitglieder, Wählerschaft bis hin zum Programm ist die SPD eine überalterte, perspektivlose Partei. Selbst die Gewerkschaften, wahrhaftig kein Hort von Zukunfts denke, sind den Hamburger Genossen heute kompetenzmäßig weit voraus. Für ein rot-grünes Reformprojekt ist die SPD nicht mehr zu gebrauchen. Was tun? Erneuerung in der Opposition? – Unwahrscheinlich! Siechtum an der Seite von GAL oder CSU? – Grauenhaft! Sterbehilfe? Sorry – da ist sogar die taz ratlos. Florian Marten
Siehe Bericht S. 22
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