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DFB rüstet nach

■ Hannelore Ratzeburg: Die erste Frau in einem Heiligtum der Männlichkeit Von Ulrike Winkelmann

Hannelore Ratzeburg ist am vergangenen Wochenende als erste Frau in den Vorstand des Deutschen Fußball Bundes (DFB) gewählt worden. Die Hamburger Lehrerin, Jahrgang 1951, ist somit die erste Frau, die seit der Gründung des DFB 1900 in dessen höchstes Gremium, einem berühmt-berüchtigten Alt-Herren-Klüngel, aufrückt. Der DFB hatte noch bis 1970 Frauenfußball mit obskuren Gründen verboten. Immer noch sind die meisten Gremien, die über Frauenfußball mitentscheiden, mit Männern besetzt. Hannelore Ratzeburg gibt sich im taz-Interview als pragmatische Strategin und Gremien-Insiderin, symphatisch, kämpferisch und mit einem Silbenausstoß von etwa 250/Minute.

taz: Welche Stimmung schlägt Ihnen von den 21 Männern im Vorstand entgegen?

Hannelore Ratzeburg: Ich sitze ja erst seit Samstag dort, woher soll ich das wissen. Allerdings habe ich genug Männer dieser Art kennengelernt und weiß, wie ich mit ihnen umzugehen habe. Ich werde mich schon durchsetzen, schließlich gehöre ich nicht umsonst zu denen, die den Mund aufmachen, und das haben die da auch gemerkt. Die meisten der Männer akzeptieren es ja auch, daß es jetzt mehr als zehn Prozent Frauen im DFB gibt, die natürlich auch vertreten sein wollen.

Gelten Sie nicht als Alibifrau?

Ich finde es erstaunlich, daß ausgerechnet Frauen das immer sagen und fragen. Immer sind es die Frauen, die sich gegenseitig das Leben schwer machen müssen. Wir müssen langsam lernen, solidarischer miteinander umzugehen. Das schaffen die Männer sehr viel besser, die haben ihre Netzwerke und fangen sich auf.

Ich sehe mich weder als Alibi- noch als Quotenfrau. Seit achtzehn Jahren sitze ich im Spielausschuß, da war es nur eine logische Konsequenz, daß ich auch im Vorstand gelandet bin. Übrigens wollten die im Spielausschuß mich tatsächlich nicht haben, haben mir Informationen vorenthalten und gesagt, ich brauche nur zu kommen, wenn Frauenbelange auf der Tagesordnung stehen. Ich habe vielleicht ein aggressives Strickmuster, was Standhaftigkeit und so angeht. Aber ich habe ja selbst gespielt und wollte was für alle anderen spielenden Frauen erreichen. Ganz lange war ich da eine Exotin, habe aber nach einer Weile auch Verbündete gefunden. Da waren auch persönliche Kontakte ganz wichtig, daß man abends beim Bier auch mal was von sich erzählte.

Mit den Wölfen heulen..

Ich muß mich doch entscheiden, gehe ich mit, gehe ich nicht mit. Ich will mich da nicht anbiedern, kann aber auch nicht nur ganz pragmatisch mein Programm durchziehen. Man muß doch auch 'ne Chance haben, menschlich miteinander umzugehen. Aber wenn ich bei manchen dummen Sprüchen oder frauenfeindlichen Witzen ausraste, dann nennen die mich gleich empfindlich. Dann werden in meiner Gegenwart die Witze eben nicht mehr erzählt.

Wie haben Sie angefangen?

Ganz zu Beginn, 1970, haben wir in Stellingen im Studentenwohnheim ein Frauenteam gegründet, sind dann zu Eimsbüttel-West und wollten Bälle haben. Die waren so perplex, daß die sagten, wir sollten erst einmal erleben, wie so ein Verein funktioniert, und schwups, nach fünf Minuten saß ich als Minderjährige im Vorstand.

Wie ist Ihre Gremien-Strategie?

Andere Verbände gehen dazu über, die Frauenausschüsse wieder abzuschaffen, aber im Fußball sind wir noch nicht soweit. Deswegen habe ich ja auch diesen Ausschuß für Frauenfußball mit geschaffen. Das war gar nicht so leicht die Männer davon zu überzeigen, daß da nur Frauen rein sollen. Manche wollten sich auch gerne über einen solchen Ausschuß profilieren.

Wie halten Sie es eigentlich mit der Quote?

Die Frage nach dem Frauenförderplan taucht immer auf. Die Landessportbünde sind da sehr fortschrittlich, die Spitzenverbände schwerfälliger. Das muß zu einer Selbstverpflichtung werden, Frauen in die Ausschüsse zu holen, nicht nur als Zusatzfrauen, sondern als qualifiziertes Mitglied. Frauen müssen sichgegenseitig in den Gremien holen, und sich dann dort auch unterstützen. Die Quote ist bei Parteien eine Notwendigkeit, aber für den DFB ist es nicht die geeignete Form, dort kommen wir eher mit dem Prinzip der freiwilligen Selbstverpflichtung weiter.

Anliegen?

Im Grunde möchte ich Vorbild sein, Mut machen, daß Frauen, die nicht mehr spielen, die Schuhe nicht an den Nagel hängen, sondern Trainerinnen werden oder in die Verbände gehen. Nun ist diese berühmte Ochsentour durch alle Stationen, die ich gemacht habe, abschreckend. Aber ich habe allen Frauen immer gesagt, laßt mich hier nicht alleine hängen, ihr profitiert ja nun auch davon, daß ich mich für euch eingesetzt habe, setzt ihr euch auch für die nächsten Generationen der Mädchen und Frauen ein.

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