piwik no script img

Bei mir bist du schön ...

■ Über ihre Schönheit sinnieren plötzlich die attraktiven Kanzlerkandidaten. Auch die neue Komödie von Doris Dörrie fragt nach der Schönheit. Da stellt sich die Frage nach dem schönen Zusammenhang

„Bin ich schön?“ fragt Helmut Kohl charmant lächelnd auf dem Moritzplatz in Kreuzberg. „Bin ich schön?“ möchte sechs Meter weiter auch der lachende Gerhard Schröder wissen. Geduld, Geduld! Auf die Antwort werden die zwei Kanzlerkandidaten nämlich noch bis zur Bekanntgabe der Wahlergebnisse warten müssen. Nur die Frage ist jetzt in den politischen Raum geworfen.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden zahlreiche Kanzlerkandidatenplakate mit der Frage nach der eigenen Schönheit überklebt. Ist Helmut Kohls „Weltklasse für Deutschland“ schön? Oder Gerhard Schröders „Wir werden vieles besser machen“ noch schöner?

Nur der grüne Hans-Christian Ströbele, der derzeit mit popbunten Plakaten in Kreuzberg beworben wird, muß sich keine Gedanken um seine Schönheit machen. Sein Konterfei blieb unbeklebt. Vielleicht aber waren auch einfach nur die Ströbele-Pappen zu klein für diese große Frage.

Vertraut man der Philosophie der Filmregisseurin Dorris Dörrie, ist man schön, wenn man glücklich ist, und wenn nicht, dann nicht. Fast zufällig kommt der neue Film der Regisseurin mit dem überraschenden Titel „Bin ich schön?“ am 17. September in die Kinos.

Ob Kohl und Schröder es einer konspirativen PR-Maßnahme der Classic Media GmbH zu verdanken haben, daß sie sich nun auch so entscheidende, ja geradezu tiefsinnige Fragen stellen, bleibt jedoch rätselhaft. Vertrieben wird der neue Film der „Männer“-Regisseurin jedenfalls von der Constantin Film GmbH & Co Verleih KG. Beworben wird die Komödie von der Constantin-Tochter Classic Media GmbH in München.

Katrin Theise von der Classic Media GmbH weiß jedoch nicht, ob Doris Dörrie weiß, was da derzeit durch den Wahlkampf spukt. Doch bereits im Vorfeld sei ihr klar gewesen, daß „Bin ich Schön?“- Aufkleber auf Wahlplakaten in Berlin, Hamburg, München und Köln Ärger geben könnten.

Diese Idee sei aber einfach zu gut, revidiert kurze Zeit später Ilona Hütterson, ebenfalls von der Classic Media GmbH. So habe die Constantin natürlich nichts damit zu tun. Leider, bedauert Hütterson dann noch, denn sie habe die „Bin ich schön?“-beklebten Wahlplakate auch in München gesehen und finde die Idee genial.

SPD und CDU haben sich zu der brisanten Wahlkampffrage noch nicht Stellung genommen. Weder die Sprecher der Kohl- Kampagne noch die Schröder- Schützlinge wußten etwas von den kreativen Infragestellung ihrer Helden. Wahrscheinlich würden sie sagen: Bei mir bist du schön, Helmut oder Gerhard. Katja Stiegel

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen