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Clintons Affären - Jetzt online

Die Autorität schmilzt, die Präsidentschaft siecht. Ohnmächtig muß der Präsident der USA auf eine wichtige Entscheidung warten. Sonderermittler Kenneth Starr hat am Donnerstag seinen Bericht über die angeblichen Verfehlungen Bill Clintons dem US- Kongreß ausgehändigt. Gestern, am späten Nachmittag, lag es am Kongreß, zu entscheiden, ob das brisante Material veröffentlicht wird. Und alles sprach dafür, daß der 445 Seiten starke Report schon heute den Nutzern des Internets weltweit zugänglich ist.

Der Geschäftsordnungsausschuß des Kongresses befürwortete bereits am Donnerstag die Veröffentlichung. Allgemein wurde erwartet, daß das Repräsentantenhaus der Empfehlung folgen wollte. Nur kleine Hürden galt es noch zu überwinden. Weil Kenneth Starr seinen Bericht lediglich in Papierform abgeliefert hatte, bemühten sich die Kongreßmitarbeiter gestern, vom Sonderermittler Disketten zu bekommen – zwecks einfacherer Umsetzung des Textes für das weltweite Computernetz.

Starrs Bericht dürfte Clintons eh schon schwierige Lage noch einmal verschlechtern. Nach Berichten der US-amerikanischen Medien soll der Report ingesamt elf Vorwürfe auflisten, die ein Amtsenthebungsverfahren (Impeachment) rechtfertigen könnten. Genannt werden Meineid, Zeugenbeeinflussung, Behinderung der Justiz und Amtsmißbrauch. Starr soll auch belegen, daß Clinton bei seinen Aussagen am 17. Januar 1998 im Paula-Jones-Verfahren sowie seinen Darstellungen vor der Anklagekammer (Grand Jury) in der Lewinsky-Affäre am 17. August die Unwahrheit gesagt hat.

Im Sinne der Fairneß hatten die Demokraten verlangt, dem Präsidenten ein Einsichtsrecht rund 24 bis 48 Stunden vor der Veröffentlichung des Starr-Reports einzuräumen. Der Geschäftsordnungsausschuß des Kongresses lehnte ab. Sprecher Newt Gingrich erklärte, ein ausschließlich an die Legislative (das US-Repräsentantenhaus) gerichtetes Dokument könne nicht vorher der Exekutive zugänglich gemacht werden.

Der Washington Post zufolge werden in dem Bericht zwölf sexuelle Begegnungen zwischen Bill Clinton und der früheren Praktikantin im Weißen Haus, Monica Lewinsky, aufgeführt. Peinliche Details soll das Dokument enthüllen, darunter eine Behauptung Lewinskys, mit Clinton „rumgemacht“ zu haben, während der mit einem Kongreßmitglied telefoniert habe.

Laut Wall Street Journal liegt der Grund für eine solch peinlich genaue Beschreibung der Geschehnisse darin, Clintons Aussage zu widerlegen, seine Verneinung einer sexuellen Beziehung als Zeuge im Paula-Jones-Verfahren sei „rechtlich akkurat“ gewesen. Die ausgebreiteten Details könnten sodann von Bedeutung sein, wenn es um die Beurteilung des Meineid-Tatbestands geht.

Präsident Clinton hat sich unterdessen bei seinen Kabinettsmitgliedern und Senatoren der Demokraten erneut für seine Fehltritte entschuldigt. Viele seiner engen Freunde äußerten dennoch ihre Enttäuschung, besonders die für Klein- und Mittelbetriebe zuständige Behördenleiterin Aida Alvarez und Gesundheitsministerin Donna Shalala. Clintons Verhalten habe sie verletzt, zitierte ein Teilnehmer der Runde Alvarez. Shalala soll auf die Bitte Clintons um Vergebung und dessen Versprechen, er werde sich ändern, gesagt haben: „Dies zu sagen ist eine Sache, es zu tun eine andere.“ Die Kabinettssitzung war die erste seit dem 23. Januar. Damals hatte Clinton versichert, nie eine Beziehung mit der Ex-Praktikantin gehabt zu haben.

Den Senatoren seiner Partei versicherte Clinton, es werde keine Veröffentlichungen weiterer Skandale geben. Wie stark Clintons Glaubwürdigkeit auch in den eigenen Reihen angeschlagen ist, zeigte die Antwort des Senators Bob Kerrey auf die Frage, ob er dem Präsidenten glaube: „Nein, das tue ich nicht.“ Die Möglichkeit der Amtsenthebung sei gegeben, erklärte Kerrey. Senator Harry Reid sagte zu Clinton dem Vernehmen nach: „Sie haben uns nicht nur im Stich gelassen, Sie haben uns betrogen.“ Die Unterstützung für Clinton im Kongreß sei „äußerst gering“.

Ob die Serie von Abbitten in der breiten Öffentlichkeit und in politischen Kreisen Eindruck macht, bleibt zunächst ungewiß. Offenbar haben Clinton-Berater auch die Idee geäußert, Hillary Clinton solle in irgendeiner Weise öffentlich für ihren Ehemann eintreten, ähnlich wie sie dies in der Flowers-Affäre während des Wahlkampfs von 1992 und unmittelbar nach Bekanntwerden der Lewinsky-Affäre im Januar getan hatte.

Die Idee zeigte Wirkung: Hillary Clinton brach Donnerstag abend ihr wochenlanges Schweigen nach der Fernsehbeichte Clintons vom 17. August. „Ich bin stolz auf seine Führung, ich bin stolz auf sein Engagement, ich bin stolz auf das, was er unserem Land und allen von uns jeden Tag gibt“, sagte sie bei einer Veranstaltung der Demokratischen Partei in Washington. Anschließend umarmte sie den Präsidenten, als er auf das Podium kam. Die Unterstützung kann Clinton gut gebrauchen. Wolfgang Gast, Thomas Rüst

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