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Ein sozialistischer Versicherungsfachmann

■ Der Ex-Grüne Michael Prütz tritt in Kreuzberg und Schöneberg für die PDS als Direktkandidat an. Zehn Prozent der Stimmen will er holen und damit das beste Ergebnis im Westen für seine Partei

Nur Marburg könnte ihm noch in die Quere kommen. In dem traditionell linken Unistädtchen ist die PDS bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr mit 6,2 Prozent erstmals in ein westdeutsches Rathaus eingezogen. Bei der Bundestagswahl will Michael Prütz auf jeden Fall noch mehr. Der 46jährige, der in Kreuzberg für die PDS als Direktkandidat antritt, will zehn Prozent der Zweitstimmen holen und damit das beste Westergebnis der Partei. Dafür müßte diese im Vergleich zur letzten Bundestagswahl immmerhin 2,5 Prozent zulegen.

Auf den ersten Blick wirkt Prütz blaß, so wie er da hinterm Schreibtisch in seinem winzigen Versicherungsbüro sitzt. Schütteres braunes Haar, eine goldene Brille im runden Gesicht. „Ich bin der Redner der Partei“, sagt Prütz zur PDS-Arbeitsteilung im Kiez, „ich hab' Talent, Leute für mich einzunehmen.“ Das glaubt man ihm spätestens dann, wenn er die „ganze linke Geschichte“ heraussprudelt, wie er seinen Lebenslauf nennt, und sie mit Anekdoten aus Polit- und Liebesleben spickt: 68 Schülerbewegung, Politikstudium an der FU, Gruppe Internationaler Marxisten (GIM), eine trotzkistische Splittergruppe. Trotzki verehre er heute noch, sagt Prütz. Einmal im Jahr trifft er sich mit ein paar der alten Genossen in einem einsamen Berghotel in Südtirol – „zum Diskutieren und Weintrinken“.

1982 trat Prütz in die Alternative Liste (AL) ein. Mit Christian Ströbele, seinem heutigen Gegenkandidaten, saß er damals im geschäftsführenden Ausschuß der AL. „Mit Ströbele habe ich wenig politische Differenzen,“ sagt Prütz, „aber mit seiner Partei.“ Die habe jedes Gespür für die sozialen Probleme der normalen Leute verloren. „Und außerdem liegt mir diese Art von Arschkriecherei einfach nicht.“

Doch nicht wegen politischer Differenzen verließ der heutige PDS-Mann 1987 die Grünen. Er zweigte Spendengelder ab, das führte zum Bruch mit der Partei. „Aber das ist lange her und längst bereinigt“, sagt Prütz. Er spricht von „persönlichen Problemen“ und „einer Zäsur“, die es damals in seinem Leben gab. In seiner „Politikpause“ hat der damals arbeitslose Politologe sein Versicherungsgeschäft aufgebaut, das er heute mit seiner Freundin in der Dieffenbachstraße betreibt.

Diese muß im Augenblick „mehr ran“, wie er sagt, nicht nur im Geschäft, auch im Haushalt und beim gemeinsamen dreieinhalbjährigen Sohn Paul. „Ich bemühe mich, meinen häuslichen Pflichten nachzukommen“, sagt Prütz und rühmt sich, immerhin den Wochenendeinkauf gemacht zu haben. Viel Zeit bleibt ihm auch für das Geschäft im Augenblick nicht. Zwar klingelt ständig das Telefon, kommen Leute in sein Büro – aber Versicherungen wollen sie nicht. Da werden Standdienste koordiniert, Veranstaltungen besprochen, und dann bringt eine Nachbarin ein Buch über Ufos zurück. „Darüber höre ich mir gern Geschichten an“, sagt Prütz und lacht augenzwinkernd.

Bekannt wie ein bunter Hund sei Prütz in Kreuzberg, sagt PDS- Landesvize Udo Wolf. Wie viele andere – auch ehemalige – Weggefährten bescheinigt er Prütz sein Redetalent und die Fähigkeit, auf Leute zuzugehen. Schnell fällt den meisten aber auch Prütz' fehlende Konfliktfähigkeit ein. Die kennt dieser selbst und kokettiert damit: „Ich bin unglaublich harmoniesüchtig, kann keinen Streit aushalten“, sagt er und lacht. Dennoch haben einige Kreuzberger GenossInnen diese Fähigkeit in der konfliktreichen Geschichte ihrer Partei bei ihm vermißt. Besonders, als 1995 wegen der möglichen Kandidatur des ehemaligen Stasi-Mitarbeiters Dirk Schneider, der früher für die Grünen im Bundestag saß, die Wellen in der Kreuzberger PDS hochschlugen. „Damals hielt sich Prütz zurück“, sagt ein ehemaliger Weggefährte, „obwohl er auch gegen die Stalinisten-Fraktion war.“ Diese habe die Kreuzberger PDS inzwischen verlassen.

Prütz' Politikpause dauerte fünf Jahre. „Die Wende habe ich im Fernsehen gesehen“, sagt er. Auch die SED/PDS-Debatte habe er noch aus der Ferne verfolgt. „Aber dann hat mich Gysi überzeugt.“ 1992 trat er in die PDS ein und ist zufrieden damit. Schließlich sei er jetzt da, wo er schon immmer hinwollte: in einer sozialistischen Partei. Sabine am Orde

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