: Der 1. FCK siegt trotz amputierter Westkurve
■ Auch Lauterns portugiesische Kolonie kann Benficas 0:1-Niederlage nicht verhindern
Kaiserslautern (taz) – „Ich kann die nicht leiden, mein Verein ist der FC Porto.“ Manuel Freitas lebt seit über 30 Jahren in Kaiserslautern und ist Vorsitzender der in der Bezirksklasse spielenden FCK- Portugiesen. Mit „die“ meint er Benfica, und daß er „die“ nicht leiden kann, hat seinen Grund. In den 60er Jahren kamen ungefähr 3.000 Portugiesen, meist aus dem Norden des von der Diktatur Caetanos geknechteten Landes nach Kaiserslautern, um in den Textilfabriken und Spinnereien zu arbeiten. Nord-Portugiesen stehen eher den Vereinen aus Porto und Braga nahe, Benfica genießt bei ihnen wenig Sympathie.
„Schwierigkeiten“: Madeira bedrängt Marschall Foto: Reuters
So hatte der alte Renommierclub im Champions-League-Spiel beim 1. FCK wenig Unterstützung von seinen Exilierten zu erwarten, mal abgesehen von ein paar Abtrünningen, die sich in einem Stadtteilverein als ESC West Portugues sportlich betätigen. Sie, meist von der Algarve und aus dem Alentejo kommend, mischten sich unter die zirka 2.000 mitgekommenen Benfica-Anhänger.
Der einstige Stolz Portugals, 1961 und 1962 Europapokalsieger der Landesmeister, ist längst verblaßt. Die Mannschaft besteht zum Teil aus ausgemusterten englischen Profis, aus ein paar Einheimischen und einigen Solisten aus diversen Ländern. Trainer Graeme Souness war gut beraten, den mit seinen fast 40 Jahren erfahrenen Michel Preud'Homme ins Tor zu stellen, dessen Karriere als belgischer Nationalkeeper schon lange beendet ist. Ohne ihn und seinen waghalsigen Einsatz hätte man nach dem Spiel über die 240 Sekunden des Karel Poborsky, der für den von Krämpfen geplagten Joao Pinto ins Spiel gekommen war, nicht mehr sprechen müssen. Kaum war er eine Minute drin, setzte er einen Freistoß ans Lauterer Lattenkreuz. Kurz darauf schossen Brian Deane und noch einmal Poborsky am Tor vorbei. Das war es dann von Benfica, das von FCK-Trainer Otto Rehhagel großes Lob einheimste: „Wir hatten einige Chancen, aber auch einige Male Glück, kamen in Schwierigkeiten.“
Ansonsten litt das Spiel der Pfälzer nicht nur an ihrer miserablen Ausbeute, sondern an den von der Uefa gesetzten Bedingungen. Denn obwohl das Stadion des 1. FCK auf dem neuesten Stand ist, hätten nur 32.000 statt 41.500 hinein gedurft. Von denen wiederum 888 der Versuchung Champions League widerstanden und freiwillig verzichteten. „Nur ein voller Betze ist ein guter Betze“, konstatierten ein paar Fans, was heißt: Nur eine volle Westkurve bringt die richtige Stimmung. Dort aber, in der Westkurve, waren die Fans gespalten. Ein Teil durfte stehen, der andere mußte auf Klappsitzen Platz nehmen. Viele der richtigen Westkurvler waren in der Ostkurve, weil man dort stehen durfte. So war keiner mehr an seinem angestammten Platz, und die Stimmung, wie man sie sonst kennt, im Eimer.
Olaf Marschall scheiterte in der zweiten Halbzeit gleich dreimal direkt vor der amputierten Westkurve. Das Spiel wäre entschieden gewesen, aber statt dessen bekam Benfica plötzlich wieder enormen Aufwind. Gar „110 Prozent“ wollte Souness dann an Einsatz bei seinen Spielern gesehen haben.
Bei solch einem guten Start in die Champions League konzentrierte sich die Lauterer Fußballgemeinde ganz auf sich selbst. Keine Frage nach den Bayern, kaum Häme über das 1:2 bei Bröndby IF. Schon gar nicht bei Otto Rehhagel. Der genoß hoch oben am Uefa- Tisch, etwas genervt von ungewöhnlich vielen Fragen, seinen Sieg im Fernduell gegen die Bayern und freute sich auf „unsere beiden Auswärtsspiele bei HJK Helsinki und beim PSV Eindhoven“. Danach, am 21. Oktober, weiß nicht nur der 1.FC Kaiserslautern, wo er in Europa steht. Günter Rohrbacher-List
Benfica Lissabon: Preud'Homme – Tahar, Ronaldo, Paulo Madeira, Basto – Joao Pinto (65. Poborsky), Thomas, Calado, Pembridge – Pringle, Deane (76. Leal/ 89.Sousa)
Zuschauer: 32.000 (ausverkauft)
Tor: 1:0 Wagner (41.)
Gelb-Rote Karte: Tahar (89.) wg. Foulspiel
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