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ETA macht Schluß mit dem Terror im Baskenland

■ Untergrundorganisation der Separatisten erklärt unbefristeten Waffenstillstand ohne Vorbedingungen. Spaniens Regierung reagiert zunächst zurückhaltend

Madrid (taz) – Nach Nordirland jetzt auch im Baskenland: Seit heute morgen null Uhr ruhen die Waffen. Das gab die Separatistenorganisation ETA in einer gestern in den baskischen Tageszeitungen Euskadi Informacion und Deia veröffentlichten Erklärung bekannt. Auch bei der BBC soll eine Videokassette eingetroffen sein, auf der Vermummte das Kommuniqué verlesen. Die „Einstellung aller bewaffneten Aktionen“ ist „unbefristet“, heißt es darin. Die Gruppe, die seit 40 Jahren für ein unabhängiges Baskenland kämpft, will allerdings die Waffen erst einmal behalten, um sich „gegen etwaige Angriffe zu verteidigen“.

Nach mehreren Gesprächen, die Vertreter der ETA-nahen Partei Herri Batasuna in diesem Sommer mit der im Baskenland regierenden Baskisch-Nationalistischen Partei (PNV) geführt hatten, sieht die bewaffnete Organisation „eine neue politische Situation“ gekommen. Mit den Kontakten habe die PNV indirekt zugegeben, daß eine reine Autonomieregelung „ein unfruchtbarer Weg“ für das Baskenland sei. Deshalb wolle die ETA jetzt mit der Waffenruhe den „baskischen Bürgern die Möglichkeit geben, die entsprechenden Schritte zu tun, um die volle Unabhängigkeit zu erlangen“. Der Vorsitzende der PNV, Xavier Arzalluz, lobte die Erklärung der ETA. Die Organisation habe sich „zu einem sehr wichtigen und für sie nicht einfachen Schritt entschlossen“. Doch dies sei nur der Anfang „auf einem langen Weg voller Hindernisse bis zum Frieden“. Die Verantwortung läge jetzt auch bei der Regierung in Madrid.

Dort herrschte bis zum frühen Nachmittag Schweigen. Mit der Ankündigung der Waffenruhe brachte die ETA Innenminister Jaime Mayor Oreja in Zugzwang. Er hatte in den letzten Tagen, als sich die Möglichkeit eines solchen Schrittes seitens der ETA abzuzeichnen begann, immer wieder von „einen betrügerischen Manöver“ gesprochen. Erst nach unzähligen Telefonaten mit dem in Peru weilenden spanischen Regierungschef José Maria Aznar und einem Treffen mit dem Generalsekretär der sozialistischen Oppositionspartei, Joaquin Almunia, trat Innenminister Mayor Oreja vor die Presse, um zur „Vorsicht und Besonnenheit“ zu mahnen. Ob die Waffenruhe „eine ernsthafte Entscheidung“ sei, müßten die „Gesellschaft und die politischen Kräfte“ von nun an genau beobachten. Einmal mehr äußerte Mayor Oreja die Befürchtung, daß es sich nur um ein taktisches Manöver handeln könne, um den angeschlagenen Linksnationalisten von Herri Batasuna den Rücken bei den Regionalwahlen am 25. Oktober zu stärken. „Wenn wir es verstanden haben, in Momenten außerordentlicher Tragödien zusammenzustehen, dann müssen wir heute auch auf unsere Fähigkeit vertrauen, mit solchen Momenten umzugehen, in denen außerdem klar ist, daß es keine Toten geben wird“, mahnte er alle demokratischen Kräfte zum gemeinsamen Vorgehen. Reiner Wandler

Bericht und Dokumentation Seite 2

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