: Köllmann-Pleite unter dem Euro-Tower Frankfurt
■ Frankfurter Einzelhändler der „Euro Mall“ fühlen sich „belogen“ von den schönen Prospektversprechen und den englischen Show-Wörtern des Projektentwicklers
„Ich bin ja nur ein einfacher Metzger“, sagt Frank Melchior bescheiden. Und so war er vor drei Jahren beeindruckt, als der Wiesbadener Projektentwickler Jürg Köllmann seine Vision für das Basement des Euro-Tower in Frankfurt vorstellte: Ein „Food Court“ mit Entertainment und Multimedia-Cafe' sollte da entstehen und eine Shopping Mall. Köllmann hatte zur Präsentation den spanischen Architekten Alfredo Arriba ins vornehme Lokal „Karmeliter Kloster“ geholt, denn „Kernpositionierung ist Internationalität“, hieß es.
Übers Internet (“virtueller Kellner“) sollte man bestellten können, von „digitalem Hausmeister“ war die Rede, „ungeahnte Spielmöglichkeiten für die Gäste“ waren im Programmprospekt dargestellt und alle staunten, was das denn sein könnte. „Die höchste Qualität wird gesichert durch den hohen Anspruch der gastronomischen Konzeption ...“, steht im Prospekt und immer wieder: „Diese Qualität wird weiterhin gesichert durch eine anspruchsvolle, systematische Verpachtung der Shops im Sinne der Gesamtkonzeption durch die Köllmann-GmbH“. 25.000 Besucher sollten täglich an den Läden vorbeiflanieren, versprach Köllmann den Pächtern, wer nicht mehr als 100 Mark pro Quadratmeter Miete zahlen wollte, hatte keine Chance.
„Ich zahle seit einem halben Jahr keinen Pfennig mehr“, sagt der Frankfurter Metzger heute verbittert. „Show machen können die gut und haben englische Wörter drauf. Von Handel aber verstehen sie nichts.“ Die „Shopping Mall“ war von Anfang an ein Flop. Statt der versprochenen 25.000 Menschen kamen nur täglich 500 durch die Passage, erklärte der Geschäftsführer der Event-Gastronomie Euronet nach der Schließung im vergangenen Jahr. Von Anfang an waren Schaufenster der Shopping Mall durch Galerien vollgestellt, um so den Mißerfolg zu kaschieren. Zwei Drittel der Läden stehen leer, „Tristesse bestimmt das Bild“, berichtete die FAZ schon im Sommer 1997. Damals gab es große neue Pläne: Ein Business Health Club unter dem Namen „Euro fit“ sollte kommen, ein „Merchandising Sport Center“ und ein Nightclub. Die früheren Mitarbeiter der erfolglosen Entertainment-Gastronomie würden „nach Fähigkeiten selektiert“, zitierte die FAZ großkotzige Worte des Projektentwicklers Köllmann. Der vorher hochgelobte Chef des Euronet flog raus. Auch ein Jahr nach den großen Ankündigungen für den zweiten Start ist die Tristesse nicht überwunden, aus den Plänen wurde nichts.
„Kunden schlagen einen Bogen um die Passage“ meldete die Frankfurter Rundschau vor vier Wochen. Inzwischen möchte die Eurobank ihr Basement gern als Lagerfläche für Möbel und Archive nutzen, auch Besprechungsräume fehlen. Damit hätten die Hauseigentümer vom Immobilienfonds Degi sicherlich mehr Einnahmen als von den leerstehenden Läden. Juri Rosental, der ein Geschäft für exklusive Schuhmoden unter dem Namen „Cesare Pacotti“ in der Euro-Mall aufbauen wollte, würde inzwischen auch mietfrei nicht bleiben wollen: „Die müssen hier alle schließen“, prognostiziert er. Und über die Projektversprecher sagt er: „Die haben uns belogen.“
Die Degi hätte das für sie peinliche Thema längst beendet, würde die Stadt Frankfurt nicht festhalten an der fixen Idee, im Basement des Euro-Tower und am U-Bahnhof Willy-Brandt-Platz müßten Geschäfte für städtisches Leben sorgen. Diejenigen, die ihren Laden noch nicht aufgeben mußten, warten derzeit aber mehr auf eine Entschädigung für ihre Investitionen als auf mehr Kunden. Der Metzger Melchior über den Projektentwickler Köllmann: „Der will Beton gießen. Eine Show am Schreibtisch planen, das kann er, vom Handel hat er keine Ahnung.“
Natürlich hat sich die Kunde von Köllmanns schönen blauen Katalog-Bänden für Einkaufszentren in Bremen und Bremerhaven auch in der „Shopping Mall“ des Euro-Tower herumgesprochen. Melchior kann darüber nur bitterböse Scherze machen und herzerfrischend lachen. Was er den Bremern rät? „Ihr müßt nur einfach sagen: Köllmann muß für ein Versagen des Konzeptes haften. Der läßt sich nie wieder blicken.“ K.W.
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