: Umgestöpselt auf die grünen Stromquellen
■ Greenpeace-Aktivisten fordern „saubere Stromversorgung“ aus regenerativen Quellen
Montag vormittag. Die Sonne scheint, und auf der Schloßstraße in Steglitz ist was los. Menschen mit Einkaufstüten hasten über die Bürgersteige. Auch Markus Otte ist dabei, unter dem Arm eine Kiste Orangensaft. Ein ganz normaler Tag – doch plötzlich steht ihm eine Steckdose im Weg, groß wie ein Verkehrsschild. Drin steckt ein Stecker, drunter steht „sauberer Strom“, und drüber prangt „Den Klimakillern kündigen – jetzt“. Daneben noch eine Steckdose, genauso groß, aber leer. Die gehört der Bewag, steht zumindest darunter. Wäre Markus Otte früher vom Einkauf zurückgekommen, hätte er gesehen, wie Greenpeace-Aktivisten den Stecker umstöpselten. Der Student bleibt trotzdem stehen, denn noch ist es nicht zu spät.
Die Umweltschützer informieren über eine „saubere Stromversorgung“. Dazu verteilen sie Postkarten, auf denen ein Wechsel zu erneuerbaren Energien gefordert werden kann. Markus Otte unterschreibt. „Ich bin von der Versorgung mit Sonnenenergie überzeugt“, sagt er, „und ich finde es gut, daß Greenpeace so hartnäckig auf die Möglichkeiten aufmerksam macht.“ Die Unterschriften sammelt Greenpeace, um auch Stromanbieter von einem Markt für alternative Energien zu überzeugen.
Ein paar Meter weiter stehen drei Herren von der Bewag, findet die Stromwechsel-Aktion doch direkt vor ihrer Energieberatungsstelle statt. Eingeladen hatte Greenpeace einen Abteilungsleiter, gekommen sind gleich fünf. „Auch wir sind für alternative Energie“, sagt Henning Borchers von der Bewag und weist auf den „Grünen Tarif“ des Unternehmens hin. Danach können Abnehmer einen freiwilligen Strompfennig zahlen, die Bewag legt dieselbe Summe noch mal drauf und verwendet das Geld für regenerative Energiegewinnung. Greenpeace lehnt diese Tarife ab. Unterschwellige Botschaft der höheren Preise sei, so die Umweltschützer, daß regenerative Energie zu teuer sei und der Standort Deutschland nicht auf Kohle- und Atomstrom verzichten könne. Greenpeace plädiert für einen alternativen Strom- Mix aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne und aus effizienten Gaskraftwerken mit Kraft-Wärme-Koppelung. Eine echte Alternative sind neue Stromanbieter wie die Naturstrom AG, die ab Januar 1999 Strom ausschließlich aus regenerativen Energiequellen anbieten. Das kostet allerdings 8 Pfennig pro Kilowattstunde mehr als bei der Bewag. Thomas Müller
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