: Kinderlose scharfe Zungen in Berlin
■ In der Gegenwart leben, in die Zukunft gucken, Wurzeln bewahren: Exiltheatergruppen aus ganz Europa spielen beim 3. Festival des Iranischen Theaters im Schlachthof
Vier Sprachen muß man beherrschen, um das Theaterstück Gesang für einen Mann des Lichts, der in die Dunkelheit ging Wort für Wort verstehen zu können: Französisch, Deutsch, Persisch und Türkisch. Die Texte von Michel Gheude, Heiner Müller, Ahmad Shamlou und Vladimir Majakowski sind zu einem wahrhaft multikultrellen Mix zusammengestellt worden. Für alle weiteren Stücke des dritten Festivals des Iranischen Theaters reicht es aber, wenn man Persisch oder Deutsch versteht. Der in Hamburg lebende Schauspieler und Regisseur Ramin Yadzani hat zwölf Exiltheatergruppen aus Europa versammelt, die sieben Tage lang nicht nur die Zeit nutzen werden, ihre Stücke zu präsentieren, sondern auch, um mit anderen iranischen TheatermacherInnen ihr künstlerisches Schaffen zu diskutieren.
„Die Theaterszene im Iran war jahrelang tot“, sagt Yadzani, doch nun würden sich vorsichtig progressive Elemente durchsetzen. Ein Schwerpunkt des Theaterfestes liegt auf dem Absurden Theater Jean Tardieus, von dem sowohl Herr Ich als auch Sie allein wissen es gezeigt werden. Daneben gibt es Stücke iranischer Autoren, eine offene Bühne für schauspielerische Talente und Konzerte von Shahla Khosravi und Schehezerade.
Der Freitag steht unter dem Thema Frau: Djahika bedeutet Hure und ist nach altreligiösem Verständnis Satans Tochter. Zu ihren Eigenschaften gehören Ungehorsam gegenüber dem Ehemann, eine „scharfe Zunge“ und Kinderlosigkeit. In dem Stück Djahika von Farhad Payar erscheint sie bei dem Ehepaar Razi in Berlin und befreundet sich mit Frau Razi, was unangenehme Auswirkungen auf die Harmonie im Hause hat. Niemandsland von Niloofar Beyzaie handelt von einer Frau, die im Exil lebt, und ihre Fähigkeit verloren hat, mit den Mitmenschen und der Umwelt eine Verbindung einzugehen.
Yadzani, der das Festival unter das Motto „Glaube, Liebe, Hoffnung“ gestellt hat, will das Persische Theater in Hamburg institutionalisieren. „Wir leben in der Gegenwart“, sagt er, „und schauen in die Zukunft.“ Annette Weise
Samstag, 26. September, bis Samstag, 3. Oktober, Schlachthof
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