: GEW: Schultest USUS ist „dilettantisch“
■ Leistungs-Vergleich in Bremer Schulen im zweiten Anlauf: Am 5. Oktober will die Schulbehörde neue Aufgaben in verschlossenen Umschlägen verteilen
Der Streit um „USUS“, den Leistungsvergleich an Bremer Schulen, geht in die zweite Runde. Schon am Ende des vergangenen Schuljahres hatte die Behörde den zweiten Anlauf in den vierten Klassen der Grundschulen unternommen. „Entsprechend der Empfehlung der Personalversammlung haben 64 von 72 Schulen standardisierte Ergebnisse eingereicht“, meldet die GEW und freut sich über die Resonanz auf ihre Boykott-Appelle. Bei den GrundschülerInnen hatte es keine Tests gegeben, sondern die Lehrkräfte sollten ihre Beurteilungen über das Leistungsniveau der Klasse aufschreiben. „Das ist doch ein Witz“, mockiert sich der GEW-Sprecher Jürgen Burger. Aus den subjektiven Eindrücken der Lehrerinnen, wieviele Kinder die Anforderungen des Lehrplans „elementar“ oder „routiniert“ beherrscht, werde dann eine Statistik erstellt - „absoluter Quatsch“. In Bremerhaven hätten viele Schulen einfach die Antworten so gegeben, daß die Gaußsche Normalverteilungskurve herauskam. 64 Bremer Schulen hätten die Antworten jeweils gedrittelt. Um dem Protest noch einen drauf zu setzen, hätten viele Schulleiter die USUS-Beurteilungsbögen „anonym“ abgegeben. Früher war erklärt worden, es gehe nicht um die Zuordnung der Ergebnisse zu den einzelnen Schulen, erklärte einer dieser Schulleiter der taz. Warum sollten die USUS-Erhebungen nun zuzuordnen sein? „Das wüßte ich auch gern“, sagt der Schulleiter. Die Schulaufsicht, die heute „Regionalteam“ heißt, habe das ohne Begründung verlangt.
„Da geht es nicht so sehr um Vergleichbarkeit“, erklärt für die Schulbehörde Hans-Joachim Sygusch, es gehe darum, die Leistungen im Klassengefüge zu bewerten und um die Feststellung, wieviele der Schüler unterhalb des geforderten Niveaus geblieben sind.
Die GEW ruft nun auch zum Boykott der schriftlichen Tests in der Sekundarstufe I auf, die für Anfang Oktober geplant sind. Der erste Anlauf der Behörde war im Frühjahr gescheitert, als die grüne Jugendinitiative die Aufgaben Tage vor dem Test im Internet veröffentlicht hatte. Daher sollen nun den Schulleitern am 5. Oktober verschlossene Umschläge mit den Aufgaben für Englisch, Deutsch und Mathe gegeben werden.
Eine Sek.-I-Versammlung der GEW hatte für diesen Fall beschlossen, daß der Test „in Gruppenarbeit, mindestens Partnerarbeit“ durchgeführt werden sollte, um „die soziale Komponente der Vergleichsarbeiten nicht außer Acht zu lassen“. Denkbar sei auch, nach dem Vorbild der Grundschulen standardisierte Ergebnisse abzugeben. „Auf jeden Fall sollten die Ergebnisse in der Schule verbleiben, um nicht dilettantisch entstandenes ranking, also eine Rangfolge der Schulen zu verursachen“, sagt die GEW.
Am 6.10. sollen in Bremen die Tests in Deutsch, am 7.10. in Englisch und am 9.10. in Mathematik geschrieben werden. Ab dem Jahr 2000 werde es bundesweit auf Beschluß der Kultusministerkonferenz eine Leistungs-Evaluation geben, erklärt Sygusch. Derzeit gehe es um den rein bremischen Vorlauf.
Dem widerspricht GEW-Sprecher Burger: Die vom Max Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin geplanten Leistungs-Bewertungen würden nach wissenschaftlichen Methoden und mittels Stichproben durchgeführt. Dagegen habe die GEW nichts, wohl aber gegen dilettantische Total-Tests: „Wir wollen nicht, daß der Eindruck entsteht, das wären objektive Tests.“ K.W.
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