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NachgefragtWerkstatt bewährt

■ Die Bündnisgrüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert zur privaten und behördlichen Arbeitsvermittlung

Statt den privaten holländischen Maatwerk-Arbeitsvermittlern soll die städtische Werkstatt Bremen Jobs für Sozialhilfeempfänger finden (vgl taz von gestern). Wir fragten die grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert, warum dies politisch gewollt ist.

taz: Warum soll die Werkstatt Bremen vermitteln?

Karoline Linnert: Die Werkstatt macht schon seit Jahren Arbeitsvermittlung. Sie führt das BSHG-19-Programm „Hilfen zur Arbeit“ schon viele Jahre durch.

Aber dieses Programm ist für den zweiten Arbeitsmarkt gedacht, Maatwerk aber tut Jobs im ersten Arbeitsmarkt auf.

Auch bei der Werkstatt Bremen geht es zum Teil um den ersten Arbeitsmarkt.

Aber nur zum Teil. Deshalb kann man nicht behaupten, daß die Werkstatt Bremen seit Jahren Erfahrung mit der Suche nach Jobs im ersten Arbeitsmarkt hat. Maatwerk macht das dagegen erfolgreich seit 15 Jahren – gewinnorientiert im Sinne einer privatisierten Arbeitsvermittlung. Was ist so schlecht daran?

Ich frage mich, ob man soziale Leistungen profitorientiert machen sollte. Es gibt Städte, die mit Maatwerk arbeiten und das ist auch in Ordnung. Ich bin da nicht sehr ideologisch. Ich würde aber nachwievor behaupten, daß die Werkstatt Bremen bei der Arbeitsvermittlung sehr viel Erfahrung hat, die regionalen Besonderheiten kennt und mit den BSHG-19-Stellen eine vielfältige lokale Trägerlandschaft aufbaut. Maatwerk hat einen anderen Ansatz: Dort steht die Vermittlung in Arbeit absolut im Mittelpunkt des Bestrebens, während die Werkstatt bislang immer auch einen Hilfsansatz mitschwingen ließ, weil sie sich nämlich an das Bundessozialhilfegesetz hält, bei dem die Vermittlung von Arbeit im Rahmen eines Hilfsauftrags des Sozialgesetzes erfolgt.

Gestern hat die Werkstatt Bremen aber angekündigt, daß sie die Maatwerk-Methode im Grunde kopieren will?

Die Werkstatt kopiert den Ansatz nicht. Es ist eben so, daß es für diese Methode jetzt öffentliche Mittel gibt – weil Maatwerk gerade der Renner ist und viele dazu beigetragen haben, daß es so ist. Viele, die meinen, daß etwas Neues immer besser ist als etwas Altes. Und daß etwas, das weit weg ist, auch immer viel besser ist als das eigene in der eigenen Stadt. Nun gibt es Bundesmittel für Maatwerk, und Bremen hat sich deshalb gesagt: Dann machen wir das hier auch und dafür eine Ausschreibung.

Die Werkstatt Bremen hat jetzt den Zuschlag bekommen. Wie soll dieser städtische Betrieb nach Maatwerk-Methode erfolgreich arbeiten, wenn er sich jüngst noch angesichts der Maatwerk-Ermittlungserfolge fragte:Wieso haben wir das bislang nicht geschafft?

Sie haben sie nicht geschafft, weil sie einen Hilfsansatz haben. Wenn man allen Menschen ein Angebot machen soll, dann gibt es naturgemäß niedrigere „Erfolgsquoten“ als wenn man eine ausgewählte Gruppe vermitteln soll. Das ist der Unterschied.

Fragen: Katja Ubben

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