: Die Tränen eines Pudels
■ Auch bei ihrem neuen Album wissen Cake, daß gute Songs nur aus viel Witz und ein wenig Trauerarbeit entstehen können
Da war doch was. Vor zwei Jahren ergriffen Cake ein paar Menschen, im letzten Jahr konnte man dann keine Geburtstagsparty mehr besuchen, bei der nicht Fashion Nugget lief. Und zwar spät. Damit die Gäste bleiben. Vielleicht wissen die Männer um John McCrea ja um den Gebrauchswert ihrer Songs und haben das natürlich schwierige Nachfolge-Album deshalb Prolonging The Magic genannt? Ihr Rezept, mit dem sie die Magie noch eine Weile aufrechterhalten, ist denkbar einfach: Breitbeinig weichen Cake keinen Zentimeter von ihrem bereits vor acht Jahren mit Motorcade Of Generosity gefundenen Standort zurück. Cake ist Cake ist Cake.
Es gibt auch keinen Grund, irgendetwas zu ändern. Denn an diesem Kuchen kann man sich gar nicht überfressen. Gute Songs – das wissen Cake wie kaum eine andere Band – entstehen aus guten Witzen und ein wenig Trauerarbeit. „Ein guter Song ist wie die Träne im Auge eines Pudels, der einen Preis bei einer Weltklasse-Hunde-show gewonnen hat“, sagt der robuste Sänger John McCrea. „Ich liebe Songs, in denen man spüren kann, wie die Gegensätze aneinander zerren. Selbst die traurigsten Momente im Leben haben etwas lustiges an sich, auch wenn wir dies für gewöhnlich lieber ignorieren.“
Genau solche Songs finden sich auf Fashion Nugget zu Hauf. Ob sie wie die Abrechnungs-Hymne „Friend Is A Four Letter Word“ selbst verfaßt oder wie „Perhaps, Perhaps“ von Celia Cruz oder „I Will Survive“ von Gloria Gaynour interpretiert wurden, ist dabei völlig gleichgültig. Vielmehr ist es gerade die Coverversion des Disco-Klassikers, die in ihrer betont gelangweilten, aber gerade dadurch noch selbstsicheren Interpretation die abstrusen Absichten von Cake offenlegt. Gaynour ist Cake ist Gaynour.
Mit Coverversionen von Discodiven hält sich das Quartett aus Sacramento auf Prolonging The Magic leider zurück. Nicht aber mit den Witzen. So fragt „When You Sleep“ wohin die Finger im Schlaf wandern. Und was sie dabei wohl denken. In einem anderen potentiellen Gassenhauer ist ausgemacht: „Sheeps go to heaven and goats go to hell.“ Klar doch. Das mußte mal gesagt werden – vor allem in dem entspannten Tonfall, den McCrea neuerdings auch zu Mariachi-Bläsern und Pedal-Steel anschlägt. Bei Cake wird für einen Moment alles klar und manches leichter. Von welcher Band läßt sich so etwas schon sagen?
Volker Marquardt
Do, 8. Oktober, 20.30 Uhr, Grünspan
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