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Der Kindertraum von der Leichtigkeit

■ Interview mit einer Hobby-Fallschirmspringerin

taz: Für viele Menschen ist Fallschirmspringen ein Traum. Wie sind Sie dazu gekommen?

Gabie Lindner (34), Schneiderin: Es war tatsächlich ein Traum. Schon als Kind habe ich Carlsson vom Dach geguckt, vom Fliegen geträumt – und wollte immer mal erleben, wie es ist, keinen Boden mehr unter den Füßen zu haben. Irgendwann habe ich von einer Möglichkeit zum Springen gelesen und einen „Schnupperkurs“ gemacht.

Was ist das Verrückteste beim Springen?

Frei Springen. Ich hatte das Gefühl, da löse ich mich von allem, was auf der Erde ist.

Wie geht das?

Wir haben erst ein paar Tage Theorie und Trockenübungen gemacht, da hängst du in Gurten, wirst durchgeschüttelt und mußt auf Kommandozurufe reagieren; Notsituationen werden durchgespielt. Dann kommt die theoretische Prüfung, und schließlich sitzt du im Flieger und kriegst das O.K. von deinem Lehrer. Dann mußt du dich genau auf das konzentrieren, was du vorher gelernt hast, bewegst dich auf die Tür zu, kletterst gegen die Windströmung raus, dein Fallschirm ist mit einer automatischen Aufziehleine verbunden, dein Lehrer sitzt neben dir und paßt auf, daß auch alles richtig funktioniert.

Ich bin damals aus einer kleinen Cesna gesprungen, da mußte ich mich auf ein Trittbrett über dem Rad stellen und loslassen. Dabei springst du nach hinten, machst dich stabil wie ein großes X und springst runter. Beim ersten Mal sind es höchstens zwei bis drei Sekunden, dann öffnet sich der Fallschirm.

Und dann erfüllt sich der Traum?

Dann schwebst du runter, stellst dich gegen den Wind, guckst auf den Höhenmesser und schwebst.

Wann haben Sie gemerkt, daß Fallschirmspringen auch Risiko heißt?

Ich wußte, theoretisch, daß das wie bei anderen Extremsportarten ist. Aber es hat mich gereizt, über die Pampa zu fliegen und von oben sieht alles ganz klein aus. Auf die gefährlichen Situationen wird in den Kursen ja auch vorbereitet. Da heißt es aber, daß die Quote für Unfälle, für tödliche zumal, sehr, sehr gering ist. Uns wurde gesagt: eins zu einer Million. Aber einer Freundin von mir ist mal eine andere Springerin im Flug in den Schirm gesprungen. Die andere lag sehr lange im Krankenhaus.

Worauf muß man am meistenachten?

Man muß mit sich selbst im Reinen sein. Außerdem muß man ein Gesundheitszeugnis vorlegen, die Theorieprüfung bestehen und die Technik beherrschen.

Wie kommt es denn trotzdem immer wieder zu schweren Verletzungen?

Wenn man zum Beispiel in der Luft bewußtlos wird, wird es kritisch, weil man die Manöver für die Landung nicht mehr einleiten kann. Da nutzt es auch nichts, wenn man, wie wir beim ersten Sprung, einen Kopfhörer im Helm hat. Normalerweise wird man ja gerade am Anfang mit dem Fernglas genau beobachtet und instruiert.

Was, wenn man nicht reagieren kann?

Dann besteht Verletzungsgefahr, weil man nicht mehr abbremst und auf den Boden knallt. Das ist richtig heftig.

Fragen: Eva Rhode

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