: „Filetgrundstück wird verschandelt“
■ Nach Ocean Park und Space Park sorgt das geplante Einkaufszentrum „Haven Höövt“ für Wirbel / Die hiesige SPD spricht von „beschissenen Plänen“ und fordert „Nachbesserungen“
In Vegesack bläst jetzt kurz vor Toreschluß überraschend die hiesige SPD zum Aufstand gegen das geplante Einkaufszentrum „Haven Höövt“. Die jetzt präsentierten Pläne für das Großprojekt „sind auf gut deutsch gesagt beschissen“, klagt der Vegesacker SPD-Fraktionssprecher für Stadtentwicklung, Detlef Murken. Statt einer kleinteiligen Hafenmeile sei dort ein „Megakomplex nach Space Park-Art“ geplant. Die Bevölkerung sei „erschreckt, wie man hier ein Filetgrundstück am Wasser verschandelt.“ SPD und Grüne fordern nun gemeinsam „Nachbesserungen“ – und bringen auf der heutigen Beiratssitzung einen Antrag ein.
Im Vegesacker Beirat steht heute abend der entscheidende Bebauungsplan-Entwurf zur Abstimmung – ein Entwurf, um den es in der Vergangenheit viel Wirbel gab. Denn was der Investor Frank Albrecht aus Buxtehude auf dem ehemaligen Lürssen-Gelände genau plante, hatten das Vegesacker Orts- und Bauamt lange unter Verschluß gehalten. Die Bürgerinitiative „Arbeitskreis Haven Höövt“ warf den Behörden deshalb „Informationsverweigerung“ vor. Vergangene Woche kamen die konkreten Pläne dann doch nach Bürgerprotesten ans Licht: „Und was da gezeigt wurde, ist schlimmer, als alle anderen Planungen aus der Vergangenheit“, klagt der SPDler Detlef Murken.
So ist auf dem 35.000 Quadratmeter großen Ufergrundstück ein Einkaufskomplex geplant – mit einem Kaufhaus, Einzelhandel, einer Bowling-Bahn sowie einem Kino mit 1.400 Plätzen und einer Disco im dritten Stockwerk. Zwei Parkdecks über und unter dem Warenhaus sollen Platz für 1.260 Autos bieten. In den Komplex sind vier hohe Türme, die „vier Brüder“, integriert. Dort soll die Kaufhaus-Verwaltung einziehen.
„Von attraktiven Wohnflächen am Wasser ist offensichtlich keine Rede mehr“, erregt sich jetzt der SPD-Sprecher für seine Fraktion, die von den lautstarken Bürgerprotesten offenbar aufgeschreckt wurde. Auch fehle gänzlich eine stadtplanerische Anbindung zur Hafenseite und zur Stadt sowie zu den benachbarten Hochhäusern „Grohner Dühne“. „Stattdessen steht dort ein abgeschlossener 12 Meter hoher Komplex, der 100 Meter lang ist und alles abriegelt.“ Die SPD fordert deshalb einen neuen Architektenwettbewerb – um aus dem massiven Komplex eine „maritime Meile mit Kneipen, Cafés und Kultur hinzukriegen“ – getreu der in Bremer Stadtteilentwicklungszirkeln diskutierten „maritimen Stadt am Fluß. Diese Aspekte fehlen dieser Planung nämlich völlig.“
Die grüne Beiratsfrakton geht mit ihren Forderungen noch weiter: Sie will das Kaufhaus gänzlich herausnehmen und an die B 74 verbannen – wegen der erwarteten 4.400 Pkws. „Das Kaufhaus würden wir noch schlucken. Aber mehr ist nicht drin. Man darf sich doch – nur weil man nur diesen einen Investor gefunden hat – nicht so über den Tisch ziehen lassen“, schimpft der SPD-Beirätler Murken. „Aufrütteln“ will seine Fraktion deshalb jetzt erstmal auf Beiratsebene – und einen Großteil der „von der CDU forcierten Planungen“ rückgängig machen.
Doch das dürfte „sehr schwierig“ werden, sagt Bauressort-Sprecher Thomas Wedrich. Der Beirat könne solch einen Beschluß mit seiner knappen rot-grünen Mehrheit zwar im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens fassen – und sich samt dieser Forderungen nochmals mit dem Investor zusammensetzen. Doch der habe das Grundstück immerhin nach dem politischen Willen der großen Koalition gekauft, „da kann man dem Eigentümer bis auf den groben Rahmen schlecht etwas konkretes vorschreiben.“ Was der Investor selbst von den Forderungen hält, blieb dagegen gestern offen: Albrecht „weilt im Ausland“, ließ seine Sekretärin wissen. Katja Ubben
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen