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Gute Nachricht für Japans Banker und Börsianer

■ Regierung will 940 Milliarden Mark für die Sanierung des Finanzsystems bereitstellen

Tokio (taz) – Japans Politiker sind mutig geworden. Gewirkt hat der monatelange Druck aus der internationalen Finanzwelt, endlich das wacklige Finanzsystem nachhaltig abzusichern und damit eine gefährliche Liquiditätskrise in Japan und Asien zu verhindern. 67 Billionen Yen (940 Milliarden Mark) oder elf Prozent des jährlichen Bruttosozialproduktes will Tokio in die Sanierung des Bankenwesens stecken. Der Nikkei- Index erholte sich von seinem 13-Jahres-Tief und reagierte mit einem Kurssprung um 5,2 Prozent.

„Endlich eine gute Nachricht aus Tokio. Die Politiker schätzen das Bankenproblem realistischer ein“, kommentierte James Fiorillo, Finanzexperte von ING Barings in Tokio, die jüngsten Vorschläge. Der Bankensektor in Japan ist mit mehr als einer Billion Mark Problemkrediten behaftet. EU-Handelskommissar Leon Brittan, der gerade zu Gesprächen in Tokio weilt, lobte, Japan stehe offensichtlich am „Rande eines Durchbruchs“ bei der Bankensanierung.

Damit kommt die japanische Regierung den Forderungen entgegen, die ebenfalls gestern auf der Asienkonferenz des Weltwirtschaftsforums in Singapur formuliert wurden. Führende Wirtschaftsexperten warnten dort vor einer globalen Rezession, falls der Westen und Japan nicht entschiedener auf die Asienkrise reagierten. Unter anderem forderte der Vizepräsident der Deutschen Bank Asia, Kenneth Courtis, ein weltweites Programm zur Stimulierung der Nachfrage und deutliche Zinssenkungen.

Die Bewegung in Tokio beflügelte gestern bereits den ganzen asiatischen Raum. In Hongkong legte der Hang-Seng-Aktienindex um 5,7 Prozent zu. Ein wichtiger Faktor für die anderen asiatischen Länder ist auch der erstarkte Yen. Dadurch werden die Exporte der anderen relativ billiger und damit konkurrenzfähiger. Ängste über eine neue Abwertungsrunde der asiatischen Währungen haben sich damit vorerst beruhigt.

Gestern verabschiedete das japanische Oberhaus zudem mit der Hilfe der Oppositionsparteien acht Gesetze, die als Rahmenbedingungen für die Sanierung der Banken notwendig sind. Sie erlauben dem Staat, marode Banken aufzulösen oder vorübergehend zu verstaatlichen. Ökonomen gehen davon aus, daß im Bankensektor 600.000 Stellen abgebaut werden müssen und von den heute 19 Großbanken nicht mehr als sechs die Restrukturierung überleben werden.

Spätestens am 16. Oktober soll das Gesetz über die Rekapitalisierung der Banken vom japanischen Parlament verabschiedet werden. Die Politiker hoffen, daß danach der gefährliche Liquiditätsengpaß, der die japanische Volkswirtschaft in die schlimmste Rezession seit 1931 geführt hat, überwunden wird. Unklar ist bisher allerdings, auf welche Weise die Regierung die nötigen Milliardenbeträge beschaffen wird. Sicher ist hingegen, daß die faktisch bankrotte Bank LTCB sogleich nach dem 16. Oktober eine Verstaatlichung ihrer Geschäfte beantragen will. André Kunz

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