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Edel sei die Küche und ökologisch gut

■ Massivholz-Küchen sind nicht nur optische Delikatessen – und haben ihren Preis Von Stefanie Winter

Mit der Bezeichnung „Öko-Küche“ steht Fritjof Trömel ein bißchen auf Kriegsfuß. „Wir kommen aus der Öko-Ecke“, räumt er ein, „aber so dogmatisch muß man das nicht sehen.“ Die wahre Begeisterung des „Treibholz“-Architekten gilt dem Design – dem edlen und guten. Auf 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche in Rothenburgsort tritt er den Beweis an, daß sich beides nicht gegenseitig ausschließen muß.

Eine Schlichtversion aus preiswerter Kiefer suchen sparwillige Menschen hier allerdings vergeblich. Und wenn jemand unbedingt Eiche haben will, bitteschön, aber eigentlich nicht so gern. Die meisten Kundinnen und Kunden bevorzugten sowieso „warme Töne“, Erle oder Buche. Und was die Kundschaft sonst noch und ganz speziell so braucht, wird in Gesprächen und manchmal auch per Ortstermin ermittelt. Bevor Trömel eine Küche entwirft, will er die Lebensumstände ihrer Nutzer kennen. „Ein Single, der dreimal die Woche essen geht, braucht eine ganz andere Küche als der Hobbykoch, der häufig Gäste bewirtet.“

Gemeinsam sei allen Küchen, daß sie nicht nur maßgeschneidert, sondern auch gesund seien – sozusagen automatisch: Keine Spanplatte weit und breit, keine lackierten Oberflächen – also auch keine Belastung mit Formaldehyd, Lindan oder Lösungsmitteln. Die Küchen, die „Treibholz“ anbietet und einrichtet, sind komplett aus Massivholz europäischer Herkunft – Buche, Ahorn, Birke oder Eiche.

Ganz modern und entsprechend beliebt sei derzeit Erlenholz – früher habe man das höchstens im Modellbau verwendet. „Oder das Holz lackiert. Das sah scheußlich aus.“ Die europäische Schwarzerle, geschliffen und mit Leinöl oder Wachs behandelt, beschreibt Trömel hingegen als optische Delikatesse – im Austern-und-Kaviar-Bereich ist das Mobiliar auch preislich anzusiedeln. Und weil die hölzerne Schönheit derart angesagt ist, machen sich einige Firmen schon leichte Sorgen um den Nachschub.

Wer die Chemie aus seinem Leben verbannen will, meint Frömel, bekomme mit einer Naturholzküche jeden Tag aufs neue dazu Gelegenheit: Die Möbel seien absolut pflegeleicht. Fettigen Fingerabdrücken auf Kunststoffschränken müsse regelmäßig zu Leibe gerückt werden. Die Oberflächen der Treibholzküchen hingegen seien mit Öl, die Fronten zusätzlich mit Wachs behandelt. „Fett auf Öl – das sieht man einfach nicht.“ Sichtbare Gebrauchsspuren werden mit Scheuertüchern entfernt. Eine Nachbehandlung mit Öl ist alle paar Monate fällig – und Meister Propper bleibt in seiner Flasche. Skeptische Kunden überzeugt Trömel gern mit einem Viertelliter Milch, den er auf einen Erlentisch kippt. „Nach drei Stunden muß das weggewischt werden.“ Vorher gebe es jedoch keine unliebsamen Flecken.

Ansonsten plant Trömel gegen Fett & Co bei seinen Entwürfen stets leistungsfähige Dunstabzugshauben ein. Funktion und Design interessieren den Küchen-Architekten persönlich auch hier etwas mehr als das Zählen von Kilowattstunden. Mittlerweile seien alle, auch optisch gefällige Elektrogeräte energiesparend. Doch wer sich wider besseren Wissens seiner Geschirrspülmaschine schämt, kann sie komplett hinter Holz verstecken.

Wie perfekt eine Treibholzküche in die Öko-Ecke paßt, bestimmen die Kundinnen und Kunden letztlich selbst – indem sie auf „Energiesparer“ bestehen, Gasherde dem mikrowellenähnlichen Induktionsmodell vorziehen, auf vernickelte Türgriffe verzichten. Alles gibt es ganz nach Wahl. Serienmäßig eingebaut wird aber stets die persönliche kleine Müllsortieranlage unter der Spüle. Und die läßt sich sogar nutzen, wenn man beide Hände voll hat. Um die Klappe zu öffnen, genügt ein leichter Druck mit dem Knie – Umweltschutz im Vorbeigehen.

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