Frau General braucht keine Quote

Angela Merkel war eine schwache Umweltministerin. Helmut Kohl nannte sie einmal „Mädchen“. Jetzt soll sie CDU-Generalsekretärin werden. In der kommenden Woche wird über den Posten abgestimmt  ■ Von Robin Alexander

Berlin (taz) – Jetzt bekommt doch noch eine Frau ein Bonner Spitzenamt. Sie wird freilich nicht in der rot-grünen Regierung arbeiten, sondern gegen sie. Angela Merkel ist für den Job der CDU- Generalsekretärin vorgesehen, meldete die Bild-Zeitung. Offiziell hieß es dazu gestern von der Union: „Die Entscheidung fällt am Parteitag am 22. Oktober.“ Dann schlägt Wolfgang Schäuble seinen Kandidaten für den Posten vor. Die Überlegung, Angela Merkel zur Generalsekretärin zu machen, sei nicht unrealistisch, heißt es in der Union. Die Entscheidung sei jedoch noch nicht spruchreif.

Angela Merkel hat eine der steilsten Karrieren in der deutschen Politik überhaupt hinter sich. 1989 engagierte sich die Physikerin bei der ostdeutschen Oppositionsgruppe „Demokratischer Aufbruch“. Merkel wechselte rasch zur CDU und wurde Ministerin für Frauen und Jugend in der ersten gesamtdeutschen Regierung. 1994 übernahm sie das Umweltministerium. In dieser Funktion war sie harscher Kritik ausgesetzt. Von überhöhten Strahlenwerten bei Atommülltransporten wußte die Kernkraftbefürworterin lange nichts, bis eine überhöhte Belastung nachgewiesen wurde.

Nach der verlorenen Bundestagswahl bewies die CDU-Landesvorsitzende von Mecklenburg- Vorpommern Nibelungentreue zum abgewählten Kanzler: „Alles was ich bin, bin ich durch Helmut Kohl.“ Daß die Politikerin, die der scheidende Kanzler gern „Mädchen“ rief, noch einen so exponierten Posten wie den der Generalsekretärin erreicht, hat sie wohl selbst nicht mehr geglaubt. Noch am vorigen Wochenende brachte Merkel sich für den Vorsitz der Gruppe der ostdeutschen CDU- Bundestagsabgeordneten ins Gespräch.

Bisher galt Angela Merkel auch als eine von fünf heißen Bewerbern für das Amt eines CDU-Vize- Vorsitzenden. Allerdings gibt es nur vier dieser begehrten Stellvertreterposten. Als Generalsekretärin stünde Merkel ihren Mitbewerbern nicht mehr im Weg. Diese Lösung ist jedoch nur scheinbar elegant. Die verbliebenen Kandidaten – Norbert Blüm, Erwin Teufel, Christian Wulff und Volker Rühe – haben allesamt zwei Nachteile gemeinsam. Alle vier kommen aus der alten Bundesrepublik. Daß die Ost-CDU einen rein westdeutschen Parteivorstand hinnimmt, gilt als ausgeschlossen. Die Herrenriege würde auch dem Parteitag am 22. Oktober eine Peinlichkeit bescheren. Das Statut der CDU sieht nämlich ein „Frauen-Quorum“ vor. Werden vier männliche Stellvertreter gewählt, gilt der erste Wahlgang als ungültig. Erst im zweiten Wahlgang kann laut Satzung ein rein männlicher Vorstand gewählt werden. Diese Regelung wurde erst in der Amtszeit des scheidenden Generalsekretärs Hintze eingeführt. Eine hatte sich damals nicht für die Reform stark gemacht: die seinerzeit amtierende Frauenministerin Angela Merkel.