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In Zikr-Zeremonien versinken

■ „Klangbilder der Levante“ – Das Festival traditioneller Musik konzentriet sich in diesem Jahr auf Musik aus dem arabischen Raum

Mit der Bezeichnung Levante sind die Länder des östlichen Mittelmeers gemeint, von der griechischen bis zur ägyptischen Küste, einmal rundum. Entsprechend vielgestaltig schimmern die Musikfarben der Region. Vergleichsweise monochrom erscheint dagegen das Programm des Festivals traditioneller Musik, daß in diesem Jahr der Levante gewidmet ist: Ausschließlich Musik aus dem arabisch-islamischen Raum ist da vertreten, persische, türkische oder griechische Einflüsse sucht man vergebens.

Doch das Übergewicht des südlichen Mittelmeers war nicht beabsichtigt – es ist dem Umstand geschuldet, daß der Gründer und Organisator des Festivals, Habib Hassan Touma, im September mitten in den Festival-Vorbereitungen überraschend verstarb. In der kurzen Zeit, die blieb, konnte nur ein reduziertes Programm auf die Beine gestellt werden.

Es kann sich trotzdem sehen lassen: von der behende aufstampfenden palästinensichen Volksmusik bis zum getragenen Kunstmusikorchester aus Syrien reichen die lebendigen Formen nahöstlicher Folklore, in deren Welt man in den kommenden Tagen in den Räumen der Kongreßhalle kopfüber eintauchen kann. Musikalischer Mittelmeer-Bildungsurlaub, interaktive Komponenten inklusive – vor den Auftritten der Gruppen sind Gesprächskonzerte angesetzt.

Ansonsten gilt: hören und lauschen. Meditative Versenkung versprechen vor allem die Zikr-Zeremonien der Qadiriyyah-Bruderschaft aus Aleppo. „Zikr“ bedeutet im Arabischen soviel wie „Erwähnung“ oder „Gedenken“ und ist ein mystisches Ritual. Mit der rhythmisch-monotonen Anrufung Allahs und repetetiven Körperbewegungen steigern sich die Mitglieder dieser Sufi-Schule in einen Zustand der Verzückung, von dem dann hoffentlich auch das Publikum etwas abbekommt. Freilich inspiriert die religiöse Tradition auch moderne Künstler, wie das Beispiel des libanesischen Violinisten Abu Mrad zeigt. Er komponierte ein Sufi-Oratorium, daß spirituelle Texte aus Christentum und Islam zusammenführt.

Das Festival ist seinem verstorbenen Gründervater Touma gewidmet. Der Zufall will es, daß es im nachhinein fast wie ein Vermächtnis wirkt, spiegelt sich in der Programmgestaltung doch ganz das Werk des Musikwissenschaftlers wider. Der nämlich schrieb 1975 das Standardwerk über „Die Musik der Araber“. Daniel Bax

Vom 17. bis 29.10., Haus der Kulturen der Welt, John-Foster-Dulles-Allee 10, Tiergarten. Konzerte 20 Uhr, Gesprächskonzerte 18 Uhr

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