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Großdemonstration für Pinochet

■ Die chilenische Regierung fordert die Freilassung des in London verhafteten ehemaligen Diktators aus „humanitären Gründen“

Buenos Aires (taz) – Etwa 18.000 Pinochet-Anhänger haben am Samstag in der chilenischen Hauptstadt Santiago demonstriert und die Freilassung des Ex-Diktators gefordert. Dazu aufgerufen hatten die beiden rechtsextremen Parteien Unabhängige Demokratische Union (UDI) und Nationale Erneuerung (RN). Pinochet war vor einer Woche in London auf Ersuchen der spanischen Justiz verhaftet wurde.

Joaquin Lavin, Präsidentschaftskandidat der UDI, will mit den Demonstrationen verhindern, daß „ein ehemaliger Präsident im Ausland nach ausländischen Gesetzen vor Gericht gestellt wird“. Der ultrarechte Bürgermeister des Nobelviertels Las Condes in Santiago kann sich seit Samstag damit schmücken, die erste legale Demonstration zur Unterstützung Pinochets angeführt zu haben. Damit dürfte er im Präsidentschaftswahlkampf einen kräftigen Popularitätsschub verbuchen.

Die Demonstranten schwenkten chilenische Fahnen, riefen in Sprechchören „Es lebe Pinochet“ und forderten auf Transparenten „Gebt uns Pinochet zurück“. Vor den Residenzen des spanischen und britischen Botschafters wurden im Anschluß 21 Pinochet-Anhänger festgenommen. Der Ex- Diktator, unter dessen Herrschaft (von 1976 bis 1990) über 3.000 Menschen verschwanden, spaltet noch immder die chilensiche Gesellschaft. Knapp ein Drittel der Chilenen wählten bei den letzten Wahlen die Pinochet-treuen Parteien UDI und RN.

Der Bürgermeister des Stadtteils, in dem sich die britische Botschaft befindet, führt unterdessen seinen eigenen Kleinkrieg gegen die Londoner Diplomaten. Er ließ die Parkplätze vor der Vertretung übermalen, so daß die Botschaftsangehörigen regelmäßig Strafzettel wegen Falschparkens bezahlen müssen. In seiner Nadelstichtaktik hat er auch angeordnet, daß die Müllwagen so lange einen weiten Bogen um die Botschaft fahren, bis Pinochet wieder auf freiem Fuß ist.

Die chilenische Regierung von Präsident Eduardo Frei wandte sich mittlerweile in einer offiziellen Note an die britische Botschaft, in der sie die sofortige Freilassung Pinochets aus „humanitären Gründen“ fordert. Der Gesundheitszustand des 82jährigen sei besorgniserregend. Außerdem beharrt Santiago weiterhin auf dem Diplomatenstatus Pinochets, obwohl die britische Regierung deutlich gemacht hat, daß Pinochet weder beim Außenministerium akkreditiert war noch in offizieller Mission in London weilte. Mit den Worten: „Ich will keinen Märtyrer Pinochet“, verteidigte der chilenische Außenminister Jose Miguel Insulza die Freilassungsforderung der Regierung. Ingo Malcher

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