Neuer Schlag gegen unabhängige Medien in Serbien

■ Herausgeber einer Belgrader Zeitschrift wird im Eilverfahren verurteilt, sein Eigentum beschlagnahmt. Vuk Drasković kündigt der Diktatur über die Pressefreiheit den Kampf an

Belgrad (taz) – „Gratuliere, ihr habt Serbien von unabhängigen Medien befreit!“ schrie ein Journalist Abgeordneten der kommunistisch-sozialistisch-radikalen Koalition zu, als sie in der vergangenen Woche das serbische Parlament verließen. Soeben hatten sie im Eilverfahren das neue Informationsgesetz verabschiedet, das den „Lügen“ über das Regime in unabhängigen Medien ein Ende setzen soll. Kein Staat würde es dulden, heißt es, daß solch bösartige Texte „die Verfassungsordnung, die Souveränität und die Integrität des Landes untergraben“.

Die praktische Umsetzung des Mediengesetzes ließ nicht lange auf sich warten. Der Herausgeber der Zeitschrift Evropejac (Der Europäer), Slavko Curuvija, wurde am Freitag vom „Patriotischen Bund“, einem Verein, angeklagt, in einem offenen Brief an Jugoslawiens Präsidenten Slobodan Milošević gegen das Gesetz verstoßen zu haben. Milošević habe Serbien ins Mittelalter zurückgeworfen, steht in dem Brief, zwei Millionen Menschen seien arbeitslos. Am Samstag wurde Curuvija verurteilt, einen Tag später sein Eigentum beschlagnahmt. Das neue Gesetz sieht vor, daß das Verfahren in 48 Stunden beendet werden muß.

Der Aktion wohnte auch der UN-Menschenrechtsbeauftragte, Jerzy Dienstbier, bei. Jahrelang, so Dienstbier entrüstet, habe er sich bemüht, das Image Serbiens zu verbessern. Das könne er jetzt nicht länger.

Vuk Drasković, Vorsitzender der oppositionellen „Serbischen Erneuerungsbewegung“ und in Sachen Kosovo dem Regime gegenüber bisher loyal, kündigte der „Diktatur über Presse- und Meinungsfreiheit“ den Kampf an. „Hier ist ganz Serbien bedroht“, erklärte er. Kosovo sei verloren, wenn es von einem derartigen Regime repräsentiert werde. Doch die Gleichschaltung der Medien hat auch positive Effekte. Jetzt ziehen oppositionelle Zeitungen große Aufmerksamkeit auf sich, und es ist fraglich, ob sie unterdrückt werden können. Alexandar Tijanić, ehemaliger Informationsminister und Journalist, brüllte auf einer Kundgebung: „Wenn ich sie nicht drucken kann, werde ich meine Texte aus dem Fenster meiner Wohnung herausschreien oder aus meiner Zelle oder unter dem Galgen!“ Andrej Ivanji