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Frieden statt Truppen für Afrika

Bürgerkriege in Westafrika wurden bisher mit Militärinterventionen eher verlängert. Ein regionaler Sicherheitsrat soll nun Wege für eine politische Lösung finden  ■ Von Dominic Johnson

Berlin (taz) – Ein Sicherheitsrat zur Befriedung Westafrikas: In einer der unruhigsten Regionen der Welt könnte dies jetzt Wirklichkeit werden. Heute beginnt in Nigerias Hauptstadt Abuja ein Gipfeltreffen der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (Ecowas), auf der sich die Regionalorganisation einen politischen Arm in Form einer ständigen Einrichtung zur Konfliktlösung geben soll.

Die Ecowas-Außenminister verabschiedeten diese Woche auf einem Vortreffen einen Entwurf dazu, der nach den Worten von Ecowas-Sprecherin Adrienne Diop dazu führen soll, „daß unsere Region Konflikten vorbeugt oder, wenn sie ausbrechen, damit so umgeht, daß sie sich nicht auf andere Länder ausbreiten“. Die Anreise von Staatsmännern wie Nelson Mandela unterstreicht die Bedeutung des Treffens.

Westafrikas Regierungen wollen nicht länger tatenlos dem Zerfall ihrer Länder zusehen. Seit 1990 sind zuerst Liberia, dann Sierra Leone und vor knapp fünf Monaten auch Guinea-Bissau in Bürgerkrieg und Chaos geschlittert. Das Muster ist immer dasselbe. Rebellen oder meuternde Militärs erheben die Waffen gegen eine als korrupt und verbraucht angesehene zivile Regierung. Die Regierung ruft Nachbarländer zu Hilfe. Zwischen der dann entsandten Eingreiftruppe und den Rebellen entwickelt sich ein brutaler Konflikt, der von Rebellenseite als Befreiungskampf gegen ausländische Aggressoren und von den Interventionstruppen als Friedensmission zur Rettung der Demokratie dargestellt wird.

Konflikte greifen auf immer mehr Länder über

In Liberia siegten die Rebellen, geführt von Charles Taylor, der 1997 zum Präsidenten gewählt wurde. In Sierra Leone siegten die Eingreifer in Form der von Nigeria beherrschten westafrikanischen Truppe Ecomog (Ecowas-Beobachtergruppe). In Guinea-Bissau, wo Senegal die Rolle des Eingreifers spielt und die heimische Armee in die Rolle der Rebellen gedrängt worden ist, dauert der Krieg noch an.

Dort, wo die Kriege vorbei sind, herrscht nicht unbedingt Frieden. In Sierra Leone entwickelt sich die Ecomog-gestützte Regierung zu einer kleinen und nicht weniger brutalen Version der einstigen nigerianischen Militärdiktatur von Sani Abacha: Sie verhängt eifrig Todesurteile gegen Sympathisanten der Rebellen, frühere Militärführer und Oppositionspolitiker, darunter sogar eine pensionierte Bürgermeisterin, während die Ecomog 2.000 neue Soldaten für eine neue „Operation Tigerschwanz“ sucht.

Im Laufe der Jahre greifen die Konflikte auf immer mehr Länder über. Heimgekehrte Ecomog-Soldaten putschten 1994 in Gambia und rebellierten 1996 in Guinea, das inzwischen 600.000 Flüchtlinge aus Nachbarländern beherbergt. Senegal fürchtet derzeit ein Übergreifen des bissauischen Krieges. Florierender Schmuggel mit Waffen und Mineralien bestimmt zunehmend die regionale Politik. Die andauernden Unruhen in Nigerias Ölfördergebiet oder die Krise, die bei der manipulierten Wahl in Togo im Juni ausbrach, machen deutlich, wie explosiv die Situation in ganz Westafrika ist. Überall wissen die politischen Akteure, mit welchen Funken sie auch in ihrer Heimat einen Bürgerkrieg anzetteln könnten.

Mißtrauen gegen Nigerias Eingreiftruppen

Kann nun eine bessere Zusammenarbeit der Staaten die Region befrieden? Zunächst einmal könnte ein Ecowas-Sicherheitsrat regionale Rivalitäten abschwächen. Hauptstreitpunkt ist die von Nigeria kontrollierte Ecomog. Sie kam zuerst 1990 in Liberia zum Einsatz, beherrscht heute Sierra Leone und könnte demnächst in Guinea-Bissaus Hauptstadt Bissau aktiv werden, wenn die bisher dort kämpfende Eingreiftruppe aus Senegal scheitert.

Vor allem die frankophonen westafrikanischen Länder beobachten die Ausbreitung der nigerianischen Militärmacht mit Mißtrauen, vor allem, da die Ecomog- Kommandanten ein Interesse an der Verewigung ihrer Interventionsrolle mitsamt den darin enthaltenen Verdienstmöglichkeiten entwickelt haben. Die neue Ecowas-Initiative entstand aus Versuchen der frankophonen Länder, Nigeria eine regionale politische Kraft entgegenzusetzen. Unter Nigerias neuem Militärmachthaber Abdulsalam Abubakar, der weniger hegemoniale Ambitionen hat als sein Vorgänger Abacha, besteht die Chance, daß Nigeria sich dem nicht entgegensetzt.

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