: Meister des Schweigens
Der englische Dichter Ted Hughes, berühmt für seine bildreiche Sprache und umstritten wegen seiner unglücklichen Ehe mit Sylvia Plath, ist im Alter von 68 Jahren gestorben ■ Von Dominic Johnson
Berlin (taz) – Von Charles und Diana abgesehen hat keine Beziehung die Engländer so in Bann gehalten wie die zwischen Ted Hughes und Sylvia Plath, zwei der größten Nachkriegsdichter Großbritanniens. Sylvia Plaths Selbstmord im Februar 1963 – sie steckte ihren Kopf in den Gasherd, wenige Monate nach ihrer endgültigen Trennung vom Ehemann – schockierte die Nation; danach war Ted Hughes die Unperson, der Mörder schlechthin. Eine Generation britischer Feministinnen wuchs mit dieser Legende und dem Schmerz des Plath-Gedichtbandes „Ariel“ auf, während Hughes zu seinem Leben eisern schwieg. Erst im Januar 1998 platzte dann wie eine Bombe Hughes' Antwort auf den Buchmarkt: „Birthday Letters“, eine in über 30 Jahren harter, poetischer Arbeit entstandene Sammlung von 88 Gedichten über die lang vergangene Zeit, in der er ein ganz anderes Bild von sich selbst präsentierte und seine Kritiker mit Witz und Tiefsinn überrumpelte. Jetzt ist klar, was Ted Hughes dazu brachte, sich seelisch so zu entblößen. Sein Verleger gab gestern bekannt, Ted Hughes sei am Dienstag nach einem achtzehnmonatigen schweren Krebsleiden im Alter von 68 Jahren gestorben.
Ted Hughes, dessen öffentliche Ausstrahlung ein Kritiker einst mit der eines Weichtieres unter Wasser verglich, wurde am 17. August 1930 in Mytholmroyd in einer entlegenen Ecke des nordenglischen Yorkshire geboren. Er traf die Amerikanerin Sylvia Plath in seiner Studienzeit in Cambridge in den 50er Jahren, wo er auf hochnäsige Zeitgenossen den Eindruck eines ungebildeten Bauernjungen machte. Sie heirateten noch in Cambridge und lebten von 1957 bis 1959 in den USA. 1962 trennte sich Sylvia Plath von Ted Hughes; 1970 heiratete er erneut. 1984 wurde er von Königin Elisabeth II. zum Hofdichter ernannt – eine Funktion, die er auf seine Weise ausfüllte, indem er so wenig Gedichte zu öffentlichen Anlässen schrieb wie nötig. Kaum eine Figur der englischen Kultur war zeitlebens gegenüber seinen Mitmenschen verschlossener als Ted Hughes.
Aber kaum einer hatte so viel innere Phantasie, die sich in seinen Gedichten mit einer geradezu beängstigenden Vitalität und Vielfalt an Bildern äußert. Von einer symbolgeladenen wilden Natur ist da oft die Rede, von wilden Vögeln vor allem; „Habicht im Regen“ hieß sein erster veröffentlichter Gedichtband 1957, „Crow“ eines seiner berühmtesten Werke aus dem Jahr 1970. Eines der Krähengedichte beschreibt die Erschaffung der Seele des Menschen durch die Krähe, die einen Wurm zweiteilt, während Gott schläft. Mit der hinteren Hälfte wird der Körper des Mannes beseelt, wobei der Schwanz hinaushängt; die Vorderhälfte entert die Frau, bis sie ihr zu den Augen hinausragt.
Kann man das für das Werk eines gefühllosen Menschen halten? Hughes selbst nannte in einem Interview vor zwei Jahren als sein wichtigstes Thema die Notwendigkeit, die kreative Kraft der Sprache wiederzuentdecken – und die Schwierigkeiten davon unter den Bedingungen der Moderne. „Wir haben so viel anderes, was uns ablenkt“, sagte er. „Es braucht die Rückkehr der Menschen zu der absolut tödlichen, katastrophalen Realität, in der sie Tausende von Jahren lang lebten.“
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