■ Makedonien: Wahlsieg der nationalistischen Kräfte
: Koalition der Extreme

Die längste Zeit ihrer Existenz war die Wahlsiegerin in Makedonien verboten: die Innere Makedonische Revolutionäre Organisation (VMRO). Ihre Urväter führten gegen die osmanische Herrschaft einen blutigen Kampf. In den zwanziger und dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts wurde der Organisation wieder ein Untergrundkampf mit terroristischen Mitteln aufgezwungen, diesmal gegen das Königreich Jugoslawien, das Makedonien dominieren wollte. Und schließlich kämpften die makedonischen Nationalisten gegen das Jugoslawien Titos. Viele verschwanden in den Gefängnissen des sozialistischen Staates.

Die Befürchtung, der Wahlsieg der VMRO könnte das Gefüge der makedonischen Gesellschaft durcheinanderwirbeln, wurde vor den Wahlen von internationaler Seite geäußert. Denn in Makedonien leben nicht nur Makedonier, sondern auch Albaner, Roma, Türken, Bulgaren, Serben. Mit über einem Drittel der Bevölkerung sind die Albaner die zweitwichtigste Bevölkerungsgruppe, die zudem in ihren Rechten beschnitten ist. Die makedonisch-albanischen Spannungen könnten zu einem Auseinanderfallen des Staates führen, ist eine nicht unbegründete Befürchtung. Denn die albanischen Nationalisten wollen sich mit der Lage, diskriminierte Minderheit zu sein, nicht abfinden, manche streben die Teilung des Landes an, während manche makedonischen Nationalisten die Albaner am liebsten nach serbischem Vorbild aus dem Land drängen würden. Beide Optionen bedeuteten Krieg.

Daß es jetzt zu einer Koalition zwischen der sich moderat gebenden Führung der VMRO unter Ljupco Georgievski und der radikaleren der beiden Albanerparteien PDSA unter Arben Xhaferi kommen wird, ist deshalb eines der wichtigsten Resultate der Wahlen. Arben Xhaferi spricht zu Recht davon, daß die Albaner nun ein stabilisierender Faktor in Makedonien werden können, wenn die VMRO bereit ist, ihre Absprachen einzuhalten: Die Albaner fordern als Gegenleistung für ihre Akzeptierung des Staates Makedonien eine weitgehende rechtliche Gleichstellung und kulturelle Autonomie in ihren Siedlungsgebieten. Da mit der Demokratischen Alternative (DA) des Vasil Tupurkovski, des dritten Koalitionspartners – einer Bürgerpartei, wie sie sich nennt – zudem ein durchaus ziviles Element in der neuen Regierung vertreten ist, könnten weitreichende Kompromisse möglich sein. Dies wäre nicht zuletzt im Interesse der USA und der Europäer, die auf keinen Fall einen neuen Krisenherd auf dem Balkan zulassen wollen. Erich Rathfelder