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Hinter Johannes Rau steht jede Frau – zurück

■ Mit der Nominierung von Johannes Rau für das Amt des Bundespräsidenten beendet der SPD-Vorstand die parteiinterne Debatte um eine Frau an der Staatsspitze

Bonn (AFP/rtr/taz) – Der frühere nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) ist gestern als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten nominiert worden. In der Abstimmung des SPD-Bundesvorstandes erhielt der 67jährige 26 von 30 Stimmen, vier Mitglieder enthielten sich. Der Nachfolger von Roman Herzog wird am 23. Mai 1999 von der Bundesversammlung gewählt.

Rau dankte der Parteispitze für ihr Vertrauen und bekundete zugleich „Respekt vor denen, die eine andere Präferenz hatten“. Vor allem Frauen in der SPD hatten sich für eine Kandidatin für das höchste Staatsamt stark gemacht. Sie sahen sich benachteiligt, nachdem das Amt des Bundestagspräsidenten sowie eine Reihe von Führungspositionen in der neuen Regierung von Männern besetzt worden waren. Allerdings hatten die Frauen sich nicht auf eine Kandidatin einigen können. Hingegen hatte sich der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine bereits seit längerem auf seinen Stellvertreter als Bundespräsidenten festgelegt. Die Finanzpolitikerin der Fraktion, Ingrid Matthäus-Maier, erklärte nach der gestrigen Entscheidung, mit Rau sei „die beste Person für die beste Stelle“ nominiert worden.

Rau äußerte sich gestern kritisch zur Diskussion um seine Person in der jüngsten Zeit, in der auch Spekulationen um seinen Gesundheitszustand angestellt worden waren: „Manches an publizistischem Mobbing der letzten Monate hinterläßt zumindest Narben.“ Rau kündigte an, er wolle das höchste Staatsamt gemäß seiner „Lebensmelodie“ ausüben, die er wie folgt beschrieb: „Versöhnen statt spalten, den Anstand wahren, zusammenführen und den Grenzen ihren trennenden Charakter nehmen, Gräben zuschütten.“ Dafür bat er um Unterstützung nicht nur durch die SPD, sondern auch aus anderen Parteien „und über die Parteien hinaus“.

Wenig versöhnlich reagierte die Opposition auf Raus Nominierung. Der Unionsfraktionschef und designierte CDU-Vorsitzende Wolfgang Schäuble erklärte, die CDU/CSU-Fraktion nehme diese Entscheidung der SPD „mit dem gebotenen Respekt vor dem Amt“ des Bundespräsidenten zur Kenntnis. Die Union behalte sich zugleich vor, „zu einem angemessenen Zeitpunkt eigene Überlegungen anzustellen“. Hingegen zeigte sich die FDP in der Kandidatenfrage gespalten. Während der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Jürgen Möllemann von einem „sehr respektablen Vorschlag sprach“, rügte der Generalsekretär Guido Westerwelle das „parteipolitische Schauspiel“, das die SPD bei der Nominierung geboten habe. Er ließ offen, ob die FDP einen eigenen Bewerber aufstellt. dr Seite 5, Kommentar Seite 12

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