: Unterm Strich
Surprise, surprise. Die Kunsthalle Bielefeld heißt jetzt Kunsthalle Bielefeld. Das hat der Rat der ostwestfälischen Stadt mit den Stimmen der SPD- und Bündnis-90/Grüne-Fraktionen in seiner Sitzung Ende Oktober beschlossen. Seit deren Eröffnung 1968 hieß sie vollständig „Kunsthalle Bielefeld-Richard Kaselowsky Haus“. Schon damals gab es Proteste gegen den Beinamen der Kunsthalle, da der 1944 verstorben Richard Kaselowsky Mitglied des Freundeskreises Reichsführer SS, Heinrich Himmler war. Während des Nationalsozialismus leitete Kaselowsky das Puddingimperium Oetker (vgl. taz vom 13. Juli). Sein Stiefsohn Rudolf August Oetker sorgte durch eine großzügige Spende für den Bau der Kunsthalle in den 60er Jahren dafür, daß diese Kaselowskys Namen trug. In den folgenden Jahren gab es immer wieder öffentliche Proteste und parlamentarische Initiativen. So forderten die Grünen im Stadtparlament bereits 1985 eine Umbenennung. 1998 kam nochmals ein breites Bündnis außerparlementarischer Gruppen zustande, das den Beinamen wiederum in die öffentliche Diskussion brachte. Die Regierungskoalition SPD/ Grüne kam mit ihrer Ratsentscheidung u.a. einem Bürgerantrag mit der Forderung nach einer Umbenennung zuvor. Der heutige Unternehmensleiter der Oetker AG hat bereits angekündigt, daß er die Ratsentscheidung „als Demokratie akzeptiere“, er beabsichtige allerdings, sich aus der Kunsthallenstiftung zurückzuziehen, die zukünftig Ausstellungen mitfinanzieren will. Nach dem Willen des Rats wird die Gedenktafel in der Kunsthalle, die an Richard Kaselowsky als Opfer des Zweiten Weltkriegs erinnert, erhalten bleiben.
Höher, schneller, schlauer – die Wissenschaft muß sportlicher werden. Ein Anfang ist bereits gemacht. Im Marburger Tectum Verlag ist laut Guinness-Buch der Rekorde die umfangreichste je geschriebene Doktorarbeit erschienen. Sie hatte bei der Einreichung einen Umfang von 2.654 Seiten. Die behutsame Hand des Lektors brachte das bedeutsame Werk dann auf verschlankte 2.205 Seiten. Die Arbeit befaßt sich mit der Entwicklung des Segelsports in Deutschland, Österreich und der Schweiz und wurde von der Universität Konstanz angenommen. Der Autor Joachim Schuhmacher hat die Arbeit auf 23 Microfiches herausgebracht. Das hat dem Verlag sehr viel Papier und dem Autor sehr viel Geld gespart, der zur Erfüllung der wissenschaftlichen Regularien eine veröffentlichte Fassung seiner Arbeit benötigte.
Noch fünf Zeilen Gedenkkultur. Gerhard Kurtze, scheidender Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, fordert seine Branche auf, sich für eine Gedenkbibliothek statt eines Holocaust-Mahnmals in Berlin zu engagieren. Er selbst will eigene Exponate beisteuern. An die Verleger und Buchhändler richtete er die Frage: „Wer macht mit?“
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