: Wenn Sparen plötzlich nichts mehr bringt
■ Geheimwissen Steuerreform: Was bedeutet die rot-grüne Streichliste? Die kleine taz-Steuerhilfe klärt auf. Heute Teil 4: Was verlieren Unternehmer und Arbeitnehmer an Steuereinsparungen?
Sie ärgern sich, daß Sie beim Thema Steuerreform im Freundeskreis nicht mitreden können, weil Sie zum Beispiel nicht wissen, was als außerordentliche Einkünfte gilt? Kein Problem, in loser Folge erklärt die taz jene Steuervergünstigungen, die im Zuge der Steuerreform abgeschafft werden sollen, um die Entlastung durch die niedrigeren Steuersätze zu finanzieren.
Mit etwa 44 Milliarden Mark sollen die Ausfälle aus der geplanten Steuerreform kompensiert werden. Ab jetzt gilt die nachgebesserte Liste, aber auch hier sind noch viele Details offen. Heute geht es um die Einsparungen für Unternehmer und Arbeitnehmer.
Mit der Streichung des halben durchschnittlichen Steuersatzes für außerordentliche Einkünfte will die neue Regierung rund sieben Milliarden Mark gegenfinanzieren. Betroffen sind sowohl Arbeitnehmer als auch Unternehmen, da außerordentliche Einkünfte bisher in hauptsächlich drei Fällen geltend gemacht werden konnten.
Beispiel: Ein Arbeitnehmer, dem sein Job gekündigt wird, erhält eine einmalige Abfindung. Zahlte er bisher durchschnittlich 44 Prozent Einkommensteuer, mußte er die Abfindung allerdings nur mit der Hälfte seines Steuersatzes, also 22 Prozent, versteuern. Künftig soll er jedoch den vollen Steuersatz für die Abfindung bezahlen. Zudem sollen steuerliche Freibeträge, die dem Arbeitnehmer je nach Höhe der Abfindungssumme gewährt wurden, erst einmal halbiert werden.
Auch der Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters wird unter die Neuregelung zu außerordentlichen Einkommen gefaßt: Beendet ein Handelsvertreter seine Tätigkeit für ein Unternehmen, muß dieses ihm eine entsprechende Geldsumme, den Ausgleich, bezahlen, weil der Betrieb seine Kontakte weiter nutzen kann. Der Handelsvertreter muß seinen Ausgleichsanspruch statt mit der Hälfte künftig mit demselben Satz wie sein reguläres Einkommen versteuern.
Als außerordentliches Einkommen gilt auch der Veräußerungsgewinn, den ein Unternehmer erzielt, wenn er seinen Betrieb verkauft: Auch für ihn entfällt jetzt der ermäßigte Steuersatz auf den Gewinn. Zudem wurde einem Unternehmer, sofern er das 55. Lebensjahr vollendet hatte, und er bei dem Verkauf seines Betriebs nicht mehr als 300.000 Mark Gewinn erzielte, ein steuerlicher Freibetrag von 60.000 Mark gewährt. Bei Gewinnen über 300.000 Mark wurde der Freibetrag um die darüberliegende Summe gekürzt. Nach dem neuen Steuergesetz der rot-grünen Koalition wird dieser Freibetrag jedoch ersatzlos gestrichen.
Als kontraproduktiv zu dem Hauptziel der Koalition, dem Abbau der Arbeitslosigkeit, bezeichnete Josef Sauerwald, Präsident des Bundesverbands der Steuerberater, vor allen Dingen die Streichung im Zusammenhang mit der Abfindung von Arbeitnehmern. „Die Bereitschaft älterer Arbeitnehmer, mit 60 Jahren bei Abfindung zu gehen, wird sinken.“
Ab dem Jahr 2000 will der Bundesfinanzminister 500 Millionen Mark mit der Streichung der Ansparabschreibung für kleinere und mittlere Betriebe einnehmen.
Beispiel: Ein Unternehmer, dessen Betriebsvermögen 400.000 Mark nicht übersteigt, möchte im kommenden Jahr seinen Betrieb erweitern und plant, für 100.000 Mark neue Maschinen anzuschaffen. Bisher konnte er bereits im Jahr vor dem tatsächlichen Kauf der Maschinen 50.000 Mark, also 50 Prozent der geplanten Ausgabe, von seinem Jahresgewinn abziehen. Lediglich der Restgewinn galt als steuerpflichtig. Diese Ansparabschreibung soll künftig entfallen. Allerdings will Rot-Grün Existenzgründer von dieser Neuregelung befreien. Tina Hüttl
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen