: Anders als die Norm
■ Das multimedial auftrumpfende „Festival verrückte Kunst“
Eklat beim „Festival verrückte Kunst“, im Vorfeld gibt es Zwist wegen der Räumlichkeiten. „Unsere Idee, die gesamte Ausstellung im Kunstverein zu plazieren, ist leider an der zurückgenommenen Zusage des Direktors gescheitert“, berichtete Festivalleiterin Jutta Schubert auf der gestrigen Pressekonferenz. Aufgrund der kurzfristigen Absage sei die Ausstellung nun erheblich kleiner geworden. Der Gescholtene, Pof. Dr. Stephan Schmidt-Wulffen, Direktor des Kunstvereins, empfindet die Beschuldigung als Frechheit: „Es gab keine Zusage, sondern nur Gespräche, in denen ich um ein präzises inhaltliches Konzept gebeten habe, das nicht kam. Der Kunstverein kann keine Ausstellung präsentieren, die nicht mit unseren eigenen Ansprüchen übereinstimmt.“ Dennoch habe man aus Solidarität mit beteiligten Kollegen unentgeltlich einen Raum zur Verfügung gestellt.
Hier wird per Video auf die Ereignisse des Festivals hingewiesen. Neben den Ausstellungen, die jetzt in der Galerie der Schlumper, dem Schauspielhaus und der Evangelischen Akademie stattfinden, reicht das Angebot von Theater, Musik, Tanz, Literatur, Film bis zu Diskussionen. Die Veranstaltung soll der Kunst geistig behinderter und psychisch kranker Menschen als Fo-rum dienen. Allerdings dort, wo die „normale“ Kunst in Hamburg stattfindet, um so „Begegnungen und Streit“ zu provozieren.
Künstlergruppen wie Blauschimmel aus Oldenburg oder die Sonnenuhr aus Berlin zeigen ihre Arbeiten im Foyer des Schauspielhauses. Die Berliner Theatergruppe Rambazamba ist mit einer Woyzeck-Inszenierung im Malersaal zu sehen, die Grupa Teatralna führt Lysistrata im TiK auf.
Der Festivalveranstalter, Netzwerk für verrückte Kunstprojekte e.V., ist über den Begriff „Verrückte Kunst“ nicht glücklich. „Er trägt inhaltlich überhaupt nichts“, gibt Thomas Niese zu, der für die musikalischen Projekte verantwortlich ist. „Die Musik, die gespielt wird, ist nicht verrückt; die Leute, die sie machen, sind lediglich etwas anders als die Norm.“ Auch beim Betrachten eines Bildes sollte es egal sein, welche Behinderung oder psychische Krankheit sein Schöpfer hat – auf das Objekt kommt es an. Und inwieweit dieses als Kunstwerk gewürdigt wird, hängt genauso vom Betrachter ab, wie bei „normaler“ Kunst.
Oliver Eckers
Das Festival läuft vom 16. bis 28. November. Infos unter Tel.: 39 90 22 12. Zu den Filmen siehe Querschnitt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen