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Verbal-Liquidität

■ Senat bestätigt Geldverschiebung zur „Hamburger Arbeit“ und findet das zulässig

Für Liebhaber von Behördeschriftsätzen gibt es einen druckfrischen Leckerbissen. Die Senatsantwort auf die kleine Anfrage des GAL-Abgeordneten Norbert Hackbusch nach dem eigentümlichen Weg von 6,6 Millionen Mark aus dem Hamburger Haushalt in den Etat des Beschäftigungsträgers Hamburger Arbeit (HAB) (taz berichtete am Montag) ist ein Meisterstück der Fabulierkunst.

Hackbusch hatte sich gewundert, wie es sein könne, daß die Bürgerschaft für den staatlichen Beschäftigungsträger HAB Ausgaben in Höhe von 312 Millionen Mark bewilligt, dieser anschließend aber 319 Millionen Mark von der Stadt bekommt. Gewundert hat ihn ebenfalls, daß dieser Beschäftigungsträger, der eigentlich Geld einsparen und anderen Beschäftigungsträgern zur Verfügung stellen sollte, gleichzeitig Rücklagen von mehreren Millionen Mark bilden durfte, die so für aktive Arbeitsmarktpolitik nicht zur Verfügung standen.

Und schließlich wollte Hackbusch wissen, wie es angehen könne, daß der frühere SPD-Abgeordnete Uwe Riez auf beiden Seiten des Tisches zu finden ist – zuerst als HAB-Geschäftsführer, später als Amtsleiter der Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) auf Seiten des Geldgebers. Ein Phänomen, mit dem sich voraussichtlich im Januar auch der Parlamentarische Untersuchungsausschuß (PUA) zum Filz in der BAGS befassen wird.

Ja, bestätigt jetzt der Senat, tatsächlich hat die HAB mehrere Millionen Mark mehr erhalten, als die Bürgerschaft bewilligt hatte. Aber: Dabei habe es sich um „Zulässige Sollveränderungen“ und „zulässige Veränderungen der Ist-Ausgaben“ gehandelt. Und der Arbeitsmarktpolitik seien keine Mittel entzogen worden, weil die HAB ja ihrer eigenen Satzung nach Arbeitsmarktpolitik betreibe. Auch habe die HAB keine Überschüsse gebunkert, sondern „erfolgsneutrale Umbuchungen“ vorgenommen.

Kurz, alles ist wahr: Die HAB hat zuviel Geld bekommen, sie hat Rücklagen gebunkert und so die Schaffung von rund 200 zusätzlichen ABM-Stellen verhindert: Eine filzige Geldverschiebung, die wortgewandt in eine haushaltstechnische Lappalie verwandelt wird. Bürgerschaft und Filz-PUA dürften sich mit dieser Verbal-Liquidität kaum zufrieden geben.

Florian Marten

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