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„Klagefestes Modell“ für Einschreibegebühren

■ Die rund 150.000 niedersächsischen StudentInnen sollen ab 1999 pro Semester 100 Mark zahlen / Niedersachsens Wissenschaftsminister hat keine Angst vor Klagen

Hannover. Niedersachsens Wissenschaftsminister Thomas Oppermann (SPD) erwartet juristische Klagen gegen die von ihm geplante Einführung von Einschreibgebühren an den Hochschulen. „Da rechne ich ganz fest damit, aber ich bin auch sicher, daß wir hier ein klagefestes Modell entwickelt haben“, sagte Oppermann in einem Gespräch in Hannover. Er betonte: „Die Verwaltungskostenbeiträge sind kein Auftakt für Studiengebühren.“ Diese Forderung hatte zuvor der SPD-Fraktionschef im Niedersächsischen Landtag, Sigmar Gabriel, erhoben.

Der Wissenschaftsminister will die rund 150.000 niedersächsischen Studenten vom kommenden Jahr an mit 100 Mark pro Semester zur Deckung von Verwaltungskosten zur Kasse bitten. Bundeswissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) hatte sich am Donnerstag gegen die Pläne Oppermanns ausgesprochen. Bisher gibt es Einschreibgebühren in gleicher Höhe nur in Berlin. Während dort juristische Schritte gegen die Einführung keinen Erfolg hatten, mußte Baden-Württemberg seine Rückmeldegebühren im Juli nach einem Gerichtsurteil zunächst aussetzen. Nun wird das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe über die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenregelung in Baden-Württemberg entscheiden.

„Der Ausgang dieses Verfahrens wird uns nicht treffen“, betonte Oppermann. Sollte Niedersachsen aber juristisch gezwungen werden, die Gebühr nicht zu erheben, sei nicht auszuschließen, daß an anderer Stelle im Bildungsbereich eingespart werden müsse. Der Minister rechnet durch die Verwaltungsgebühr mit Einnahmen von jährlich 30 Millionen Mark. Der gesamte Hochschuletat des Landes wird seinen Worten nach im kommenden Jahr rund 2,7 Milliarden Mark umfassen.

Die Einführung der Gebühr war bereits 1996 in Niedersachsen vom Wissenschaftsministerium vorgeschlagen worden, damals aber am Widerstand der SPD-Fraktion gescheitert. „Wir haben schon vor zwei Jahren gesagt, daß das nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist.“ Damals habe noch darauf verzichtet werden können, weil die Bundesregierung eine geplante Bafög-Erhöhung nicht realisiert habe. „Bei den Bafög-Leistungen ist das Land mit 35 Prozent der Ausgaben beteiligt und hier konnten wir die dafür schon eingeplanten Gelder verwenden, um die Streichung des Verwaltungskostenbeitrages auszugleichen.“

Oppermann unterstrich, eine Reform des Bafög-Modells sei dringend notwendig. „Dann könnten Studenten Verwaltungskostenbeiträge auch besser verkraften.“

Die Einführung von Studiengebühren stehe dagegen zur Zeit politisch nicht auf der Tagesordnung. „Das darf aber nicht daran hindern, eine Grundsatzdebatte über den Sinn und Unsinn von Studiengebühren zu führen, und das machen ja auch die Gewerkschaften.“

Langfristig ergebe sich möglicherweise ein anderer gesellschaftlicher Konsens, erklärte der Wissenschaftsminister. „Meine Einschätzung ist die, daß die öffentlichen Mittel knapp bleiben und wir sie so konzentriert einsetzen müssen, daß wir vielleicht in zehn Jahren der einen Hälfte der Studierenden aus der unteren Einkommensgruppe weiter ein erstklassiges und kostenloses Studium ermöglichen können“, meint der Minister. dpa

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