Ein Schritt vor, einer zurück

Der Klimagipfel in Buenos Aires verabschiedete ein Aktionsprogramm, das wenig klärt und vieles offen läßt. Mehr Klima-Entwicklungshilfe vereinbart  ■ Aus Buenos Aires Ingo Malcher

Während die Handwerker schon die Kabel in einigen Pressekabinen kappten und unter lautem Getöse Stellwände zusammenklappten, waren die Verhandlungen über einen Aktionsplan zur Reduzierung der Treibhausgase auf dem 4. Klimagipfel in Buenos Aires noch in vollem Gange. Minister und Regierungsbeamte hatten zur Nachtsitzung gerufen. Die Cafeteria war längst geschlossen, die Klimaanlage abgestellt, weswegen sich Mücken über Journalisten und Umweltschützer hermachten, die sich in stille Ecken verkrochen hatten, um etwas Schlaf zu finden. Am Samstag morgen kurz nach Sonnenaufgang trafen sich Umweltminister und politische Beamte wieder im Plenum, und gegen 7 Uhr verkündete die Tagungspräsidentin und Umweltministerin des Gastgeberlandes Argentinien, Maria Julia Alsogaray, den Aktionsplan von Buenos Aires.

Es ging um kein konkretes Mandat wie in Berlin, um kein Protokoll wie letztes Jahr in Kioto, sondern nur darum, wie das Kioto- Protokoll zur Reduzierung der Treibhausgase Wirklichkeit werden könnte. Der Aktionsplan soll die Voraussetzungen dafür schaffen, daß bis zum Jahr 2000 die Industrieländer dazu verpflichtet werden können, Maßnahmen in Kraft zu setzen. Damit sollen die Treibhausgase um 5,25 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 verringert werden, wie es bereits in Kioto vereinbart wurde. Allerdings ist der Beschluß von Buenos Aires unvollständig, und so wird es wohl noch zwei Folgekonferenzen brauchen, bis das Kioto-Protokoll umgesetzt werden kann.

Um für Entwicklungsländer eine sauberere Energieversorgung sicherzustellen, wurde für den sogenannten „Clean Development Mechanism“ ein Fonds aufgemacht, aus dem ein Technologietransfer von Nord nach Süd finanziert werden soll. Allerdings dürfen sich die Industrieländer derlei Projekte, die Emissionen in den Entwicklungsländern reduzieren, nicht auf ihr Treibhausgaskonto gutschreiben lassen – jedenfalls noch nicht.

Zäh wurden die Verhandlungen zwischen EU und USA auf der einen, sowie der Gruppe der Entwicklungsländer (G 77) und China auf der anderen Seite. USA und EU waren sich im Laufe der Konferenz nähergekommen, nachdem die USA gezeigt haben, „daß sie konstruktiv mitarbeiten wollen“, so Bundesumweltminister Jürgen Trittin. Das Problem, so Trittin, sei aber gewesen, daß sich innerhalb der Gruppe der G 77 die ölproduzierenden Länder der Opec durchgesetzt haben, die Ausgleichszahlungen für Klimaschutzmaßnahmen fordern, da ihnen wegen des Klimaschutzes Öldollar durch die Lappen gehen. Weder die USA noch die EU waren aber bereit, dafür Geld lockerzumachen.

Nach zehn zähen Verhandlungstagen sind noch viele Schlupflöcher offen – so etwa der Handel mit der sogenannten „heißen Luft“. Darunter versteht man eine Verringerung von Emissionen, die nicht eine Folge von Klimaschutzmaßnahmen sind, sondern des wirtschaftlichen Zusammenbruchs in den ehemaligen Ostblockstaaten. Der Haken ist nun, daß etwa Rußland seine gegenüber 1990 geringeren Emissionen an die Industrieländer verkaufen kann. Die erhalten damit Verschmutzungsrechte, mit denen sie sich aus ihren eigenen Reduzierungsverpflichtungen freikaufen können.

Vor allem die USA haben ein großes Interesse am Handel mit Emissionen, da sie ihre in Kioto vereinbarten Klimaziele nicht erreichen können. Der Delegationsleiter der USA, Stuart Eizenstat, verteidigte den Emissionshandel, da er gleichzeitig „Kosten und Emissionen senkt“. Er versprach zugleich, in seinem eigenen Land mehr zu machen, um Emissionen zu senken. Vizepräsident Al Gore begrüßte das Ergebnis. Es ginge darum, weltweite Regelungen zu finden, die künftige Generationen schütze, aber das starke Wirtschaftswachstum erhalte.