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Muslime verurteilt

■ UN-Tribunal verhängt Haftstrafen wegen Verbrechen in bosnischem Gefangenenlager

Den Haag (dpa/AP) – Das UN- Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Haag hat gestern erstmals zwei bosnische Muslime und einen Kroaten wegen Verbrechen an Serben verurteilt. Es ist das erste Urteil, in dem Vergewaltigung als Kriegsverbrechen gewertet wird. Der ranghöchste der vier Angeklagten wurde jedoch freigesprochen. In dem eineinhalb Jahre dauernden Prozeß ging es um Verbrechen in dem Gefangenenlager Celebici in Zentralbosnien. Dort hatten muslimische und kroatische Truppen 1992 Hunderte von serbischen Zivilisten interniert.

Gefangene wurden von den Wachleuten mit Baseball-Schlägern und Holzplanken zu Tote geprügelt, wie Zeugen in dem zehnmonatigen Verfahren berichteten. Andere Häftlinge wurden den Angaben zufolge angezündet, vergewaltigt oder zu sexuellem Verkehr mit Mitgliedern der eigenen Familie gezwungen. Laut Anklageschrift wurden in Celebici 1992 mindestens 14 Gefangene getötet.

Zwanzig Jahre Haft bekam der bosnische Muslim Hazim Delić. Der 34jährige war stellvertretender Kommandant des Lagers und verbreitete dort nach den Worten der Richter „eine Atmosphäre des Schreckens“. Delić wurde in jeweils zwei Fällen des Mordes, der Folter und der Vergewaltigung für schuldig befunden.

Esad Landzo, ein ehemaliger Wachmann des Lagers, wurde wegen dreifachen Mordes und Folter zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der 25 Jahre alte Muslim hatte unter anderem gestanden, Gefangene lebend verbrannt zu haben.

Der Ex-Kommandant des Lagers, der bosnische Kroate Zdravko Mucić, wurde als erster Angeklagter des Tribunals für Verbrechen seiner Untergebenen verurteilt. Die Richter hielten ihm vor, er habe nichts getan, um die Taten von Delić und Landzo zu verhindern. Dafür erhielt der 43jährige sieben Jahre Haft.

Freigesprochen wurde dagegen der 1996 in München festgenommene bosnische Muslim Zejnil Delalić. Als Kommandant der muslimischen und kroatischen Truppen in Zentralbosnien war ihm das Celebici-Lager 1992 unterstellt. Nach dem Urteil der Richter konnten die Ankläger jedoch nicht nachweisen, daß der heute 50jährige über die Verbrechen in dem Lager informiert war. Ankläger Grant Niemann legte Berufung ein.

Die Anklagebehörde des Tribunals hofft, daß von dem Urteil ein Signal an die bosnischen Serben ausgeht. Diese hatten das Gericht immer wieder als voreingenommen und „serbenfeindlich“ bezeichnet. Dagegen versicherte Chefanklägerin Louise Arbour, daß es bei der Anklageerhebung keine Rolle spiele, welcher Volksgruppe der Beschuldigte angehöre.

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