■ Das Portrait: Norddeutsch ruhig und besonnen
Rainder Steenblock, Umweltminister von Schleswig- Holstein Foto: AP
Tönning, im November 1996. Ein unauffällig gekleideter Mann steht auf der Bühne im Veranstaltungssaal der schleswig-holsteinischen Kleinstadt. Mit ruhiger Stimme, moderat und überlegt wie stets, sucht Rainder Steenblock, seit einem halben Jahr der erste grüne Umweltminister in Schleswig- Holstein, die erbosten Bauern, Strandkorbbesitzer und Gästezimmervermieter im Publikum zu überzeugen. Davon, daß das weltweit einzigartige Wattenmeer ein schützenswertes Ökosystem sei. Daß deswegen Touristen nicht länger mit dem Auto an den Strand fahren sollen. Weiter kommt er nicht. Eine Strohpuppe wird angezündet, Eier fliegen. Steenblock geht in Deckung. Es werden Monate vergehen, bis er das Wattenmeer, sein politisches Baby, durch einen Kompromiß unter Schutz stellt.
Und nun, zwei Jahre später, wird ausgerechnet ihm, dem Umweltschützer Steenblock vorgeworfen, er habe durch sein „unbrauchbares Krisenmanagement“ (Heide Simonis) die Ölkatastrophe in der Nordsee nach dem Brand auf der „Pallas“ nicht zu verhindern gewußt. Eine solche Schuldzuweisung trifft einen wie Steenblock (50) hart. Denn der frühere Gewerbelehrer, seit 1983 bei den Grünen, gilt nicht nur unter Parteifreunden als „gewissenhaft und aufrichtig“. Im Bundestag, dem er von 1994 bis zum Amtsantritt in Kiel angehörte, machte er sich als Autor des Ökosteuerkonzepts einen Namen.
Daß Steenblock diesmal Fehler unterlaufen sein sollen, werten daher manche Grüne als Intrige der SPD. Zumal Ministerpräsidentin Simonis ihren Minister, der auf Demonstrationen gegen die Ostseeautobahn A 20 mitwanderte und munter gegen die von der Landesregierung abgesegnete Elbvertiefung zu Felde zog, nicht eben schätzt. Dabei ist Steenblock wahrlich kein Querulant. Vielmehr entspricht es seinem norddeutschen Temperament, sich Kritik zu Herzen zu nehmen. Nur ganz selten rastet er aus. So, als aufgebrachte Eltern aus Geesthacht nahe des umstrittenen AKW Krümmel ihm unlängst vorwarfen, er tue nicht genug, um ihre Kinder zu schützen. Das war selbst für Steenblock, der maßgeblich dazu beigetragen hatte, daß die Ursachen für die gehäuften Leukämien in der Elbmarsch erforscht werden, zuviel: „Auch ich habe eine krebskranke Tochter, ich weiß, was das heißt“, brüllte er zurück. Und erntete ein langes Schweigen der Anerkennung. Heike Haarhoff
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