Signal an die Lordrichter

■ Bundesgerichtshof hält Ex-Diktator Pinochet nicht grundsätzlich für immun

Berlin (taz) – Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat entschieden, daß einem etwaigen Strafverfahren gegen den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet in Deutschland dessen völkerrechtliche Immunität nicht grundsätzlich entgegensteht. Der BGH benannte das Landgericht Düsseldorf als zuständig für die Klagen dreier deutscher Staatsangehöriger, die 1973 nach dem Putsch in Chile willkürlich verhaftet und mißhandelt worden waren.

Da sich der Angeklagte im Ausland befindet und die Tat im Ausland stattfand, mußte der BGH einen Gerichtsstandort festlegen. Dabei hatten die Richter grundsätzlich darüber zu entscheiden, ob Pinochet als amtierender Senator und damaliger Staatschef Chiles grundsätzlich für Taten, die in seine Amtszeit fallen, Immunität genießt. Ebendies bezweifeln die Richter. Sie weisen allerdings darauf hin, daß die endgültige Entscheidung über diese Frage dem zuständigen Gericht überlassen bleibe – und das habe nun eben erst einmal benannt werden müssen.

Während sich die Düsseldorfer Justiz zunächst vor allem überrascht zeigte, reagierte der Freiburger Rechtsanwalt Konstantin Thun, der zwei der drei Kläger vertritt, höchst erfreut auf den BGH- Beschluß: Dieser stelle „einen bedeutsamen Fortschritt im Kampf gegen die bisherige weitgehende Straflosigkeit von schweren Menschenrechtsverbrechen“ dar. Thun verwies auch auf die bevorstehende Entscheidung der britischen Lordrichter über die Auslieferung Pinochets nach Spanien. Die Richter wollen am Mittwoch kommender Woche ihr Urteil bekanntgeben. Auch sie haben darüber zu entscheiden, ob Folter und Mord unter die Amtsgeschäfte eines Staatschefs und dessen Immunität fallen können. (AZ: 2 ARs 471/98 u. 2 ARs 474/98)Bernd Pickert