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„In Niedersachsen dürften sie bleiben“

■ Libanesische Familie soll zwangsausreisen / Asylgruppe pocht auf Aufschub bis zur neuen Altfallregelung/ Drei von sechs Kindern in Bremen geboren/ Petition zwei Jahre unbeantwortet

Die Bremer Ausländerbeauftragte ist bereits alarmiert. Der erneute Auftritt des Kinderschutzbunds programmiert. Doch in der libanesischen Familie H. fließen viele Tränen. Denn wenn Appelle an die Menschlichkeit nicht fruchten oder der eingeschaltete Anwalt mit seinem Eilantrag vorm Verwaltungsgericht nicht weiterkommt, müssen die sechs Kinder samt Eltern am 1. Dezember Deutschland verlassen. „Dabei sind drei Kinder in Bremen geboren. Die kennen nichts anderes“, sagt Uwe Helmke von der Asylgruppe Ostertor. „Abschiebung wäre eine Schweinerei.“

Seit zehn Jahren lebt die Familie in Deutschland, lange Zeit im Bremer Stadtteil Gröpelingen. Im Dezember letzten Jahres drohte ihnen bereits akut die Abschiebung, doch die Paßbeschaffung war schwierig. Zuvor hatten die Geburt der jüngsten Tochter Rana und die Krankheit der Mutter das Schlimmste verhindert. Doch jetzt müssen nur noch ein paar Formalitäten erledigt werden. „Die ganze Familie ist in Panik“, sagt Helmke.

Für den ältesten Sohn der Familie, den mittlerweile 15jährigen Yihad, könnte auf die Ankunft in Bei-rut gleich die Musterung zum Militär folgen, fürchten die Eltern. Für sie ist das ein ebenso schrecklicher Gedanke, wie überhaupt die Rücckehr nach Libanon. Sie wissen nicht, wohin. Die Heimat in der israelisch kontrollierten „Sicherheitsone“ ist ihnen zu gefährlich. „Da liegen überall Minen im Boden.“ Und was würde nach all den Jahren in Deutschland aus den Kindern?

„Wenn diese Familie in Niedersachsen wohnen würde, müßte sie diese Sorgen nicht haben“, sagt zu all dem Rechtsanwalt Hans-Georg Schumacher. Denn im Nachbar-Bundesland wurden im Vorgriff auf die geplante Altfallregelung der neuen Regierung Abschiebungen vorerst ausgesetzt. Diesem Beispiel solle Bremen folgen, forderten jüngst die Grünen. Der Anwalt der Familie geht weiter: „Eigentlich hätte diese Familie schon unter die letzte Altfallregelung vor zwei Jahren fallen müssen.“ Es sei ein Versäumnis der Behörde, daß die Familie nie aufgeklärt wurde.

Tatsächlich lebt die Familie zwar schon lange von Sozialhilfe – und das hätte sie von der letzten Altfallregelung auf den ersten Blick ausgeschlossen. Doch hatte der heute 47jährige Familienvater Abdul Nabi H. mehrmals gute Aussicht auf eine Arbeitsstelle. Das klappte aber nie – „weil ich keine Aufenthaltsbefugnis und darum keine Arbeitserlaubnis bekommen habe“, berichtete er. Auch dies, so sein Anwalt, sei ein Fehler gewesen. Herr H. hätte sogar Anspruch auf eine Aufenthaltsbefugnis und damit auf eine Arbeitserlaubnis gehabt. Ans Bremer Stadtamt schrieb er deshalb: „Wenn alles ordnungsgemäß gelaufen wäre, wäre meine Mandantschaft in den Genuß der zuletzt verabschiedeten Altfallregelung gekommen.“ Die zwei Jahre alte Regelung der Ex-Koalition war von Asylgruppen und Menschenrechtsvereine übrigens als zu restriktiv kritisiert worden.

In einem Punkt allerdings, so schränkt der Anwalt ein, hätte man auch damals schon gewisse Nachsicht üben müssen: „Natürlich hätte der Familienvater mit dem relativ geringen Lohn, den er verdient hätte, nicht die ganze Familie ernähren können.“ Ergänzende Sozialhilfe wäre in jedem Fall nötig geworden; dies hätte der Familie aber nicht zum Nachteil ausgelegt werden dürfen. „Der Mann kann ja nichts dafür, daß Flüchtlinge, die nur eine Aufenthaltsbefugnis haben, wie sie ihm zugestanden hätte, kein Kindergeld bekommen.“ Niemals hätte das Einkommen des Lackierers H. deshalb den Sozialhilfesatz überstiegen. Eine Härtefallregelung hätte immer angewendet werden müssen – „sonst würden kinderreiche Familien stark benachteiligt.“

Freunde der Familie wollen jetzt beim Innensenator direkt vorsprechen. Zwar haben sie vor fast zwei Jahren bereits eine Petition an den Parlamentarischen Ausschuß eingereicht. Darin bat der Vater damals „mit Angst um die Zukunft meiner Kinder, trotz der gesetzlichen Berechtigung einer Abschiebung ... um einen gesicherten Aufenthalt“. Gehört hat er davon seither nichts. Während der ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuer Uwe Helmke dies „ungeheuerlich“ findet, schweigt der CDU-Abgeordnete Karl-Uwe Oppermann dazu weiter. Zu einer Anfrage der taz will er nicht Stellung nehmen. Als „Berichterstatter“ in einer laufenden Petition sei er zum Schweigen verpflichtet. Familie H., ihre Freunde und MitarbeiterInnen der Asylgruppe Ostertor können darüber nur bitter lachen. ede

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