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Mieterglück: Erst Schnee schippen, dann dafür zahlen

■ Veba-Firmen sollen Mieter betrogen und angeblich nie erbrachte Leistungen berechnet haben

Hamburg (AP) – Tochterfirmen des Veba-Konzerns haben nach einem Spiegel-Bericht zahllose Mieter übers Ohr gehauen. Bei der Veba Immobilien AG mit einem Bestand von rund 130.000 Mietwohnungen sollen viele Jahre Mieten und Nebenkosten systematisch falsch berechnet worden sein. Wie das Magazin berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Bochum gegen zwei Ex-Vorstandsmitglieder von Veba-Immobilienfirmen wegen Betrugsverdachts.

Dem Bericht zufolge haben sich viele der 400.000 Bewohner der im Ruhrgebiet zwischen Hamm und Düsseldorf gelegenen Wohnkomplexe organisiert, um sich gegen die Veba-Praktiken zu wehren. Die Staatsanwaltschaft sei im Zuge anderweitiger Ermittlungen gegen Veba-Manager aufmerksam geworden. Laut Spiegel glauben die Ermittler Anhaltspunkte gefunden zu haben, daß die Veba Immobilien und Tochterfirmen „seit über 20 Jahren nicht nur in Einzelfällen, sondern in einer Vielzahl von gleichgelagerten Fällen ihren Mietern zu hohe Miet- und Nebenkosten in Rechnung gestellt haben“. So sollen in Gelsenkirchen Mieter in mit Fernwärme beheizten Häusern für die Reinigung von längst stillgelegten Schornsteinen zur Kasse gebeten worden sein. Mitunter sei der Schnitt von Bäumen berechnet worden, obwohl es auf dem Grundstück gar keine gab.

Für Wartung und Stromkosten von Heizungsanlagen berechne die Veba teilweise das Doppelte des Üblichen, hieß es weiter. Für Rasenschnitt und Schneeräumung hätten Mieter auch dann zahlen müssen, wenn sie die Arbeiten selbst erledigt hatten. Eine Gartenbaufirma soll den Auftrag erhalten haben, die Kosten eines Sexklub-Besuchs von Veba-Managern in eine Rechnung für Säuberung von Pflaster- und Rasenflächen einzuarbeiten.

Ein EDV-Spezialist aus dem Konzern sagte laut Spiegel, Kollegen hätten erklärt: „Wir müssen dieses Jahr noch eine Million hereinholen“. Später hätten sie sich „gebrüstet, daß insgesamt 1,4 Millionen Mark durch Betriebskosten hereingeholt wurden“. Mitte der 80er Jahre sollen Veba-Mitarbeiter eine fiktive „Kostenart 156“ erfunden haben, die Mietern in Rechnung gestellt worden sein soll, ohne daß dafür irgendeine Leistung erbracht wurde.

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