Krisensitzung zu Krümmel

■ Plutoniumspuren in der Elbmarsch: Jetzt droht das Aus für das Atomkraftwerk

Hamburg (taz) – Die Plutoniumfunde in der Umgebung des Atomkraftwerks Krümmel an der Unterelbe werden heute Thema einer Krisensitzung im Bundesumweltministerium sein. Hohe Beamte der zuständigen Abteilung des Kieler Energieministeriums werden in Bonn mit den Experten des grünen Umweltministers Jürgen Trittin über die Studie der Bremer Physikerin Inge Schmitz-Feuerhake beraten.

Trittins Meinung ist bereits klar: Sollte die Expertise erhärtet werden, sei dies das Ende des AKWs im Osten Hamburgs. Schmitz-Feuerhake hat erstmals Spaltprodukte des Atombombenstoffs Plutonium 214 in unmittelbarer Nähe des Reaktors nachgewiesen (siehe taz von gestern). In sieben von zwölf Hausstaubproben fand die Wissenschaftlerin Spuren von Plutoniumwerten bis zu 110 Becquerel. Schon Millionstel Gramm des radioaktiven Schwermetalls können Lungen- und Blutkrebs hervorrufen. In der Umgebung des AKWs Krümmel sind in den vergangenen zehn Jahren mindestens 21 Menschen an Leukämie erkrankt, zwei von ihnen sind bereits gestorben.

Das Kieler Energieministerium kündigte gestern an, zwei „kurzfristige gutachterliche Stellungnahmen“ einzuholen. Fachleute des TÜV-Nord und des Physikerbüros in Bremen sollen die Stichhaltigkeit der Studie von Schmitz-Feuerhake „bestätigen oder widerlegen“. Das Bremer Büro ist „unser Hausgutachter in Sachen Krümmel“, erklärte Ministeriumssprecher Marco Carini, „die kennen den Reaktor am besten“. Carini schloß nicht aus, daß noch weitere Expertisen, auch international, in Auftrag gegeben würden. Wegen der Brisanz dieser Angelegenheit müsse völlige Klarheit geschaffen werden.

Der BUND forderte gestern das Ministerium in Kiel auf, das AKW nicht wieder ans Netz zu lassen, „wenn sich die Plutonium-Studie nicht widerlegen läßt“. Vor Mitte Dezember steht diese Frage ohnehin nicht an: Wegen Wartungsarbeiten ist Krümmel noch für mindestens zwei Wochen abgeschaltet. Sven-Michael Veit