: "HipHop ist und bleibt aktuell"
■ Die Ausstellung "Crossing Bridges" bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen Street Credibility und Musealisierung. Ein Gespräch mit dem Graffiti-Künstler Erik Mahnkopf über den deutschen HipHop-Boom, die
Nur fünf Tage. „Crossing Bridges“ ist zwar eine Ausstellung, unterstützt mit Geld vom Senat im Rahmen des Luftbrücken-Jubiläums, aber eine Ausstellung von Graffiti-Künstlern, die eben keine Künstler sein wollen, und HipHop war schon immer eine sehr flüchtige Kultur. So sind die fünf Tage auf der Insel auch ein Erinnern an vergangene Zeiten, weil die Kids, die dort einmal als SWAT Posse tätig waren, nun als Erwachsene zurückkehren. Einer von ihnen ist Erik Mahnkopf alias Erik Stek (22), Teil von Graffiti Connection. Die verkaufen seit drei Jahren recht erfolgreich über Büros in Berlin, München, Bremen, Köln, Celle und Warschau ihre Fertigkeiten an der Spraydose an Elektronik-Ketten, Hotels und Schokoriegel.
taz: Wieviel sagt einem 22jährigen das Thema Luftbrücke?
Erik Mahnkopf: Wir wollten das Thema schon rüberbringen, aber nicht aus einer historischen Sichtweise, weil wir es nicht erlebt haben. Sondern eher, wie wir uns das vorstellen, damit Leute in unserem Alter das auch verstehen. Wir machen zum Beispiel Remixe von Pop-art-Bildern aus der Zeit oder der Zeit danach. Die Campells-Büchsen von Warhol gibt es, zu Sprühdosen umgebaut, zu sehen. Außerdem steht Luftbrücke für mich auch für die Amerikanisierung. Amerika war der große Bruder von West-Berlin, und diese Care-Pakete enthielten amerikanische Gebrauchswaren.
Die Luftbrücke ist also mitverantwortlich dafür, daß sich HipHop weltweit durchsetzen konnte?
Vielleicht ja. Das ist unsere These. Aber wir wollen das natürlich nicht an die Wand schreiben.
Fehlt zur heiligen HipHop- Dreifaligkeit neben Graffiti und DJing nicht noch Breakdance bei der Ausstellung?
Es ist nicht als angekündigte Aufführung dabei, aber es werden sehr viele Breakdancer da sein, und ich gehe da eher von einer spontanen Geschichte aus.
Wird die HipHop-Kultur in einer Ausstellung nicht musealisiert?
Nein, wir sind ja weiterhin draußen mit unseren Graffiti, wir sind die, die draußen agieren. Ich verändere meine Stadt aktiv. Auch im legalen Bereich mit meinen großformatigen Wandbildern, mit denen ich den Leuten in der Stadt ein Stück Identität gebe. HipHop ist für uns immer noch aktuell und bleibt auch aktuell. Er verändert sich nur. Der HipHop-Gedanke ist nur die gemeinsame Wurzel, die die Leute ja auch jetzt zusammengeführt hat, weil wir alle aus dem Graffiti-Ding stammen, auch wenn wir längst schon über diese Schwelle hinaus sind und andere Sachen machen.
Würden Sie sich als Künstler bezeichnen?
Auf keinen Fall. Ich will mit diesem Wort nichts zu tun haben. Dieses ganze Kunstdings widerstrebt mir, für mich ist das tot. Wir sind nicht wie ein Künstler angewiesen auf Leute, die in die Ausstellung kommen, sondern wir sind mit unseren Graffitis als erstes zu den Leuten gegangen. Das ist das, was uns unterscheidet.
Sind Sie nicht automatisch Künstler, wenn Ihre Werke in einer Ausstellung gezeigt werden?
Das würde ich nicht so sehen. Ich bin einfach Ausstellender. Ich zeige meine Arbeiten. Was die Leute zu mir sagen und in welche Schublade sie mich letztlich schieben, ist dann ihre Sache.
Momentan leben Sie gut vom Hype um HipHop. Wie lange noch?
Im Moment boomt der deutsche HipHop, und das zieht Graffiti wieder nach oben, auch in der Werbung. Ich denke, HipHop hat sich als feste Jugendkultur etabliert, aber es wird bald auch eine feste Industrie geben, die dahintersteht. Es wird die nächsten Jahre noch ein bißchen boomen und sich dann einrenken und den ganz normalen Weg laufen wie bei anderen Musikrichtungen auch. Wie sich das mit den Graffitis entwickelt, ist die Frage: Von dem normalen Graffiti-Ding, dem Schriftzug-Malen, bin ich inzwischen ja auch schon fast weg. Bei mir wird das wohl eher in eine Wandmalerrichtung gehen.
Gibt es für Sie eine nachwachsende Generation?
Mit dem HipHop-Boom hat auch wieder ein Graffiti-Boom eingesetzt. In den vergangenen Jahren war eher weniger, aber dieses Jahr ist wieder viel passiert, sind viele neue, junge, motivierte Menschen nachgewachsen. Auch beeinflußt von MTV oder Viva, die jetzt eigene HipHop-Sendungen am Nachmittag haben, wenn die Schulkinder nach Hause kommen. Interview: Thomas Winkler
Ausstellung 25.–29.11. auf der Insel, Alt-Treptow 6, täglich ab 17 Uhr, am 25.11., 22 Uhr Feinkost Paranoia, am 27.11. legen u.a. DJ Faust, Shortee & Craze, Fever (von DHR) und Brezel Göring auf.
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