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Panafrikanische Premiere auf Pariser Pflaster

■ Pinochet ist überall: Afrikanische Oppositionelle protestieren beim franko-afrikanischen Gipfel in Paris. Sie fordern Prozesse gegen ihre heimischen Diktatoren und eine andere französische Afrikapolitik

Paris (taz) – „Pinochet, wir haben dich – Eyadema, wir kriegen dich!“ Der freudige Drohruf kommt aus den Kehlen von einer Gruppe von TogolesInnen, die durch Paris ziehen. Hinter ihnen wünschen MauritanierInnen ihrem aktuellen Dikator Ould Taya dasselbe Schicksal. Es folgt eine Gruppe aus Kongo-Brazzaville mit einem Pappsarg, auf den sie den chilenischen Namen sowie den ihres Präsidenten Denis Sassou N'Guesso geschrieben haben. Weit hinten im Zug durch die weihnachtlich geschmückte Pariser Innenstadt halten AngolanerInnen ein Transparent mit der Aufschrift hoch: „Zusammenlegung von Pinochet und Dos Santos“.

Rund tausend Frauen und Männer aus fast ganz Afrika sind an diesem Mittwoch abend dem Aufruf zu einer Protestdemonstration gegen den franko-afrikanischen Gipfel gefolgt. In der 30jährigen Geschichte dieses Gipfels ist es das erste Mal, daß die „Familientreffen“ genannte Routine der Staatsoberhäupter und Regierungsmitglieder auf diese Weise gestört wird. Wenige Stunden vor der Demonstration ist in London Pinochets Immunität aufgehoben worden. Jetzt deklinieren die DemonstrantInnen in Paris das Schicksal des chilenischen Ex-Diktators quer durch ihren eigenen Kontinent.

„Il faut que ca change“ („Das muß sich ändern“) ist ihr Motto. Gemeint ist die französische Afrikapolitik. Der Pariser Gipfel der VertreterInnen von 49 afrikanischen Ländern, darunter 34 Staatschefs mit vielfach zweifelhafter demokratischer Legitimation, ist der Anlaß. „Frankreich soll wissen, daß die neue Generation in Afrika die alten Machenschaften nicht mehr akzeptiert“, steht auf einem Transparent.

Nie waren so viele afrikanische Oppositionelle gemeinsam in Paris auf der Straße. Die OrganisatorInnen hatten viel weniger TeilnehmerInnen erwartet. „Viele Afrikaner glauben, daß sie eh nichts ändern können, daß zwischen Frankreich und Afrika einfach zu viel Öl, zu viel Geld und zu viel Polizei im Spiel sind“, erklärt eine Senegalesin.

Nicht einmal ein Ordnungsdienst ist zu dieser panafrikanischen Premiere aufgestellt worden. Die DemonstrantInnen ziehen in glücklicher Unordnung über die Boulevards. „Wir wollen die Franzosen darüber informieren, daß ihre Freunde in Afrika die Demokraten ins Gefängnis stecken. Daß sie foltern. Daß Frankreich ihnen Geld gibt. Und daß französische Militärs sie logistisch unterstützen“, sagt eine junge Frau aus dem Tschad.

Ganz divergierende Interessengruppen sind an diesem Abend gemeinsam unterwegs. Männer aus der Casamance demonstrieren gegen die „Endlösung“, die die Regierung Senegals in dieser Südprovinz des Landes im Kampf gegen eine Unabhängigkeitsbewegung betreibe. SenegalesInnen prangern die Inhaftierung von Gewerkschaftern an. TunesierInnen protestieren in streng religiöser Geschlechtertrennung. Und eine Gruppe aus der ölreichen angolanischen Exklave Cabinda verteilt Flugblätter über die „sowjetisch- kubanischen“ Greueltaten in ihrem Land.

Gemeinsam ist den AfrikanerInnen auf dem Pariser Pflaster ein ebenso kritisches wie inniges Verhältnis zu „La France“. Einen kompletten französischen Rückzug aus Afrika wollen nur ganz wenige. „Paris muß sich in Afrika einmischen“, begründet ein Student aus Kongo-Brazzaville diese Meinung, „schließlich reden wir französisch, haben eine französische Kultur und eine gemeinsame Währung.“ Lediglich seine Freunde in Afrika müsse Frankreich sich „sorgfältiger aussuchen“. Dorothea Hahn

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