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Eltern verklagen Jugendbehörde

Mütter und Väter des Eimsbüttler Kinderhauses Heinrichstraße ziehen vor Gericht, um ErzieherInnenstellen zu retten  ■ Von Judith Weber

Hamburger Eltern wehren sich erstmals vor Gericht gegen die Sparmaßnahmen der Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB). Mütter und Väter des Kinderhauses Heinrichstraße haben jetzt beim Verwaltungsgericht der Hansestadt Klage eingereicht, weil das Amt drei Erzieherinnen-Stellen in der Einrichtung gestrichen hat.

Seit Januar schon zahlt die Behörde zwei Stellen nicht mehr; ein halbes Jahr später wurde auch das Gehalt einer dritten Erzieherin nicht mehr überwiesen. Momentan werden die Beschäftigten noch über Spenden und freiwillige erhöhte Elternbeiträge finanziert, erklärt Gabi Heuwer, Leiterin des Kinderhauses. „Aber lange können wir das nicht mehr.“

Die Klage ist für das Kinderhaus das letzte Mittel im Streit mit der BSJB. Seit zwei Jahren schon wehren sich Eltern und MitarbeiterInnen gegen die Kürzungspläne – mit Aktionstagen, öffentlichen Diskussionen und Verhandlungen. Denn die Erzieherinnen müssen unbedingt bleiben, findet Meike Grünwald, deren dreijähriger Sohn Florian das Kinderhaus besucht. „Es kann nicht weiter gekürzt werden. Die Grenze ist erreicht.“

Wenn das Gericht die Klagen abweist und die Stellen – drei von zwölfeinhalb für 64 Kinder – tatsächlich wegfallen, „steht unser ganzes Konzept auf der Kippe“, bekräftigt Heuwer. Das Kinderhaus in Eimsbüttel hat sich der „emanzipatorischen Erziehung“ verschrieben. Meist wird in kleinen Gruppen gearbeitet: Höchstens 16 Kinder sollen gemeinsam betreut werden; in anderen Einrichtungen sind es oft mehr als 20. Besonderen Wert legt das Kinderhaus auf Suchtprävention und „Anti-Konsum-Erziehung“. Statt die Kids mit Barbies und Lego abzulenken, sollen sie lernen, gemeinsam zu spielen. Und dafür, argumentieren die Eltern, brauche es genug ErzieherInnen. „Man kann nicht mit 20 Kindern töpfern.“

Die Behörde sieht das anders. „Ich kann mir kaum vorstellen, daß die Klage aussichtsreich ist“, sagt Jürgen Näther, Abteilungsleiter im Amt für Jugend. Denn das Kinderhaus ist derzeit personell besser ausgestattet als die meisten anderen Hamburger Einrichtungen. Die Stellenkürzungen seien deshalb keine amtliche Gemeinheit, sondern „eine Frage egalitärer Grundsätze“. Die BSJB habe sogar angeboten, den Betroffenen „bei der Suche nach neuen Jobs zu helfen“.

Wenn das Verwaltungsgericht den Eltern dennoch Recht gibt, könnte das die Behörde von Senatorin Rosemarie Raab (SPD) teuer zu stehen kommen. „Dann kriegen vielleicht auch andere mehr Geld“, hofft Grünwald. Viele Hamburger Kitas und Kindergärten würden auf Gleichbehandlung klagen, vermutet auch Jürgen Näther. „Dabei könnten schnell mehrere Millionen Mark zusätzlicher Kosten herauskommen“ – und das, obwohl Raab in den Kitas bis zum Jahr 2000 insgesamt 2,7 Millionen Mark sparen will.

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