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Sonnabendlektüre ohne Probleme / Endlich eine breite gesellschaftliche Debatte / Endlich rührt sich etwas! / Satirisch gemeint oder ganz im Ernst? / Durchgreifen, dann gibt's weniger Vorurteile

betr.: „Die Masse macht's“, taz mag vom 14./15.11.98

Einen gewissen poetischen Charme kann man dem Artikel von Benjamin von Stuckrad-Barre nicht abstreiten. Die leicht hektische Konsumrausch-Atmosphäre im HM-Laden – „Ach komm, kostet ja nur 20 Mark“ – wurde gut eingefangen...

Aber was mir wirklich übel aufgestoßen ist, war die unkritische Haltung gegenüber den Spottpreisen; kein einziges Mal die Fragestellung: „Wie kommt denn das überhaupt, daß es nur 20 Mark kostet?“

Ach so, das paßt nicht zu der Beschreibung des „Kauferlebnisses“, des Atmosphäreeinfangens, man kann zwar mal im Nebensatz die „niedrigen Preise“ erwähnen, aber was soll man den Sonnabend-Leser mit Problemen konfrontieren... Dann ihm lieber einen leicht verdaulichen „trendigen“ HM-Artikel auf dem Frühstückstablett am Bett servieren, den er frißt und vergißt! Anna Kaphausen, Hannover

Endlich eine breite gesellschaftliche Debatte

betr.: „Die Legende vom Fehlstart“, taz vom 24.11.98

Man muß sich schon wundern: Da wurde von vielen, BürgerInnen und KommentatorInnen, zu Recht die fast zwei Jahrzehnte dauernde Lähmung der politischen Debatte in Deutschland bemängelt, wurden die Hinterzimmer-Küchentisch-Absprachen unter Kohl kritisiert und der Ausschluß ganzer Bevölkerungsteile davon als undemokratisch gebrandmarkt – und nun?

Endlich finden mal wieder in zentralen gesellschaftlichen Feldern breite politische Diskussionen statt, und schon hauen alle drauf: Fehlstart, Panne, Chaostruppe.

Sicher, die ersten Wochen Rot-Grün sorgten für einige Verwirrung. Dennoch bleibt festzuhalten, daß, wie seit langem nicht mehr, Kernthemen der Regierungspolitik (Steuern, Arbeitsmarkt, Umwelt, Frieden) unter der großen Beteiligung des Volkes debattiert werden. Und daß Vorabsprachen der Regierung durch Öffentlichkeit und Parlament korrigierbar sind.

Ich halte dies, mit Verlaub, für ein Verdienst. Weil es Menschen sachkundig darin macht, wie das Land reformiert werden kann und soll. Und weil es den Charakter des Politischen trägt, nämlich die öffentliche Debatte um den besseren Weg. Marck Böhmann, Heidelberg

Endlich rührt sich etwas!

betr.: „Das Andere der Arbeit“ von Hannes Koch,

taz vom 19.11.98

Der Autor hat gut und vor allem verständlich beschrieben, wie sich auch im Bereich Wirtschaft zwei Interpretationsansätze der Krise gegenüberstehen. „Mehr Wachstum“ als Lösungsansatz wird wohl über kurz oder lang der Vergangenheit angehören, während die neuen Gedankengebäude zur Arbeit – wie kann die vorhandene Arbeit sinnvoller verteilt werden? – kreativer und zukunftsgerichteter erscheinen.

Seit dem Regierungswechsel bin ich optimistisch, daß sich gut überlegte und von langer Hand vorbereitete Neuerungen durchsetzen werden. Sicher werden die auch irgendwann wieder alt sein, und manche Lösungsvorschläge haben auch einen Touch der 70er Jahre. Aber endlich rührt sich etwas!

Ich hoffe nur, daß die auf Wachstum setzenden MinisterInnen und ManagerInnen diesen Artikel lesen – denn an sie ist er quasi gerichtet – damit auch ihre Gedanken mal in eine andere Richtung gehen. Susanne Thomas, Berlin

Satirisch gemeint oder ganz im Ernst?

betr.: „Junge Leute fordern Veränderungen“, taz vom 21./22.11.98

Ist die Feststellung von Frau Nina Hauer, der „Aufbruch“ in unserem Lande sei ganz deutlich daran erkennbar, daß „wir jetzt Minister haben, die für ihr Amt nicht mehr Gottes Hilfe in Anspruch nehmen“, satirisch gemeint oder ganz im Ernst? Auch der Hinweis, daß der neue Bundestagspräsident „eine ganz andere Sprache spricht als seine Vorgänger“ kann wohl nur ironisch sein. Hat Herr Thierse doch in einer seiner ersten Äußerungen schon gezeigt, daß er die Sprache seiner VorgängerInnen hervorragend beherrscht, und höhere Diäten gefordert.

Ich finde überhaupt, die Qualität der Politik als Realsatire hat seit dem 27. September bei uns erheblich zugenommen. Was man schon daran sieht, daß Ihre Serie „Bei Ministers zu Haus“ erst auf den zweiten Blick als Scherz zu erkennen war. Erich Schmitt, katholischer Pfarrer, Reifenberg

Durchgreifen, dann gibt's weniger Vorurteile

betr.: „Innere Sicherheit“, „Ausländerkriminalität“

Die „Innere Sicherheit“ ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Ausländerkriminalität darf weder verharmlost noch totgeschwiegen werden aus Angst vor Ausländerfeindlichkeit und Fremdenhaß. Im Gegenteil: Wer die organisierte Mafiakriminalität totschweigt oder verharmlost, hilft den rechtsextremistischen Organisationen und Parteien, die aus der berechtigten Angst von Mitmenschen ihr politisches Kapital schlagen und Freiheit und Demokratie schwächen und auf Dauer untergraben.

Meiner Meinung nach sollten nichtdeutsche, „herumreisende“ Straftäter, die professionell in mafiaähnlichen Zusammenhängen in den Bereichen Drogen-, Menschen- und Waffenhandel tätig sind, konsequenter strafrechtlich verfolgt werden. Diese Personen sollten in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden. Wer zur Ausländerkriminalität schweigt, schürt Vorurteile. Wenn man durchgreift, gibt's weniger Vorurteile. [...] Veli Yildirim, Hannover

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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