: Die Kulla-Zimmer-Connection – ein starkes Stück Vulkan
■ Betriebskrankenkasse bezahlt Ex-Vorstand Zimmer für Nichtstun / Vulkan-Betriebsrat Kulla unterschrieb Vertrag für Zimmer, Zimmer unterschrieb den Vertrag für Kulla
„BKK Unterweser, die konkurrenzlos preiswerte Betriebskrankenkasse - offen für die ganze Region“, so steht es in dem Hochglanz-Prospekt. Wenn Sie sich nägher informieren wollen, gibt es eine besondere Nummer: Hasso Kulla geht auf der Durchwahl -3263 an den Apparat, der frühere Vulkan-Betriebsratsvorsitzende. Er berät dort wie andere Marketing-Kräfte. Dennoch sorgt die Anstellung des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten immer wieder für Nachfragen.
Denn Kulla war früher, als Betriebsratsvorsitzender, auch Vorsitzender des Verwaltungsrats der Betriebskrankenkasse Unterweser. In dieser Eigenschaft hatte Kulla am 18. Juli 1997 mit dem damaligen BKK-Vorstand Burkhard Zimmer einen neuen Vertrag geschlossen: Die alte Vulkan-Krankenkasse wurde mit anderen Kassen verschmolzen, das Vorstands-Jahresgehalt wurde deshalb von 145.000 Mark auf 210.000 Mark angehoben. Zimmer seinerseits unterschrieb als Vorstand den Vertrag mit Kulla als Marketing-Mitarbeiter – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Der Zimmer-Vertrag hatte jedoch, wie sich ein Jahr später herausstellte, einen kleinen Schönheitsfehler: Er war „rechtsunwirksam“, weil er von Kulla unterschrieben worden war, ohne daß der Verwaltungsrat der Kasse davon Kenntnis gehabt hätte.
Für den derzeitigen Geschäftsführer der BKK, Werner Müller, sind das Angelegenheiten aus der Vulkan-Vorgeschichte der vereinigten Betriebskrankenkasse und erledigen sich von selbst: Noch bis 2001 bekommt der frühere BKK-Vorstand Zimmer Monat für Monat sein ordentliches Vorstandsgehalt – für Nichtstun.
Darauf hatte man sich im Sommer kurzfristig verständigt. Und Zimmer bekommt auch nicht die 210.000 Mark aus dem rechtsunwirksamen Kulla-Vertrag, sondern die Summe, die er früher bei der Vulkan-Kasse hatte, ca. 145.000 Mark im Jahr.
„Aus gesundheitlichen Gründen“ sei Zimmer ausgeschieden, sagt der BKK-Chef Müller. Die großzügige Regelung läßt aber auch andere Hintergründe vermuten. Vorwürfe der persönlichen Bereicherung im Zusammenhang mit den Planungen für ein neues Verwaltungsgebäude hätten im Raum gestanden, wissen Mitarbeiter der BKK. Davon wiederum weiß Müller nichts, sagt er.
Bei der entscheidenden Sitzung des Verwaltungsrates am 17.7.1998 mußte Müller allerdings vor die Tür. In seiner Abwesenheit wurde berichtet, daß der Senator für Arbeit sogar ein „Amtsenthebungsverfahren“ gegen den damaligen BKK-Geschäftsführer Zimmer für „empfehlenswert“ halte. Zimmer hatte den Neubau einer zentralen Verwaltung für die auf die alten Betriebe zersplitterte BKK-Verwaltung geplant und dabei derart grob die „Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ verletzt, so die Aufsichtsbehörde, daß die festgestellten Tatbestände „ausreichend“ seien für die Amtsenthebung. Zimmer wollte den Bau über ein kompliziertes Leasing-Modell abwickeln, das für die Kasse erheblich teurer gekommen wäre als ein normaler Bau. In der Kostenrechnung waren klassische Luftnummern enthalten, insbesondere eine „Konzeptionsgebühr“ von 92.000 Mark, die eine Firma Reimers aus Düsseldorf für einen Standard-Leasingvertrag bekommen sollte. Hinter dem Namen „Reimers“ steckt ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma VR Leasing-Nalanda, mit der die BKK das Leasing-Geschäft machen sollte. Reimers hatte die BKK an seine eigene frühere Firma „vermittelt“. In der Konzeption der Firma Reimers war zugunsten der von ihm empfohlenen Leasing-Firma ein „Verwaltungskostenbetrag“ von mehr als einer Million Mark vorgesehen – auch das nach Auffassung der Aufsichtsbehörde „reine Finanzierungskosten“ und „nicht notwendig“.
Ob sich bei der Konstruktion jemand persönlich bereichern wollte, ist offenbar nie geklärt worden. Das Leasing-Modell wurde gestoppt. „Da ist nichts gezahlt worden“, kann der neue BKK-Vorstand Müller guten Gewissens sagen. Nur eben das Gehalt für den nach Hause geschickten Vorstand Burkhard Zimmer.
Kulla muß dagegen für das Geld, das ihm Zimmer vertraglich zugesichert hat, Marketing machen. Ein Vulkan-Betriebsrat auf einer Marketing-Stelle? Nicht im klassischen Sinne, erklärt Kulla selbst das Phänomen, sondern als Verbindungs-mann: Er könne seine guten Verbindungen aus seiner Vulkan-Zeit nutzen, um für die BKK zu werben.
Dieses Kapitel aus der Vulkan-Vorgeschichte „läuft im Sommer 1999 aus“, sagt BKK-Vorstand Müller. Der Kulla-Vertrag war befristet und, das ist heute schon klar, wird nicht verlängert. K.W.
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