Der geförderte dokumentarische Blick

■ Am Samstag abend wird im Kino 46 der 8. Dokumentarfilm-Förderpreis verliehen

Um die Filmförderung steht es traurig in unserem Bundesländchen. Umso gespannter sind die einheimischen RegisseurInnen darauf, wer einmal im Jahr vom Filmbüro Bremen den Förderpreis „für die Entwicklung eines Dokumentarfilmprojektes von Bremer FilmemacherInnen oder für ein Projekt, welches Bremen oder sein Umland zum Thema hat“, bekommt. Mit 10.000 DM kommt man zwar bei der teuersten aller Künste nicht weit, aber das Geld ist auch eher als Stipendium für die Recherchen des Filmemachers gedacht. In den letzten Jahren wurden so immerhin die beiden wohl bekanntesten Dokumentarfilme aus Bremen angeschoben: „Warum starb Nirmala Ataie“ von Barbara Debus, Inge Buck und Konstanze Radziwill und „Astoria“ von Rolf Wolle. Die Preisträgerin von 1995, Beatrix Schwehm, schneidet gerade ihren geförderten Film „Die Kinder von Bulldogs-Bank“, der im Frühjahr Premiere haben soll.

Eine dreiköpfige Jury mußte diesmal unter 17 Anträgen auswählen, und man macht es spannend. Erst am Samstag abend heißt es „the winner is...“ – mit geöffnetem Umschlag und gespannten Gesichtern.

Im Rahmenprogramm stellen die drei Jurymitglieder ihre eigenen Arbeiten vor. Dr. Michael Rabe, Redakteur beim NDR und verantwortlich für die Sendereihe „Der Dokumentarische Blick“ auf N3, zeigt den Bremer Beitrag zur Sendung „Erst die Arbeit und dann“: „Marine Ahoi“ von Heidrun Mössner. In vierzehn sehr unterhaltsamen Minuten stellt sie hier pointiert Heinz-Arthur Lührs vor, der in Wilhelmshaven bei der Marine arbeitet, nach Feierabend aber Schlips und Kragen gegen Perücke und Abendkleid tauscht, um in seiner Travestieshow seiner wahren Leidenschaft zu frönen.

Der Münchener Filmemacher und Produzent Wolfgang Ettlich dokumentiert danach wohl eher unfreiwillig in seinem Film „Die 68er Story – Eine Generation vor der Rente“, was aus den einstigen Wohngemeinschaftlern geworden ist. Denn er selber ist einer von diesen 68ern, und sein Dokumentarfilm über sie ist so konventionell und dröge, daß er damals gnadenlos als „Opas Kino“ runtergemacht worden wäre. Bekannte (Otto Schily, Peter Brandt) und unbekannte 68er erzählen von ihrem Lebensweg und reden dabei oft sehr langweilig daher. Einige Ironien retten den Film dann doch gerade noch halbwegs. So etwa der einst radikale Politologe, der als Taxiunternehmer endete, aber nach dem Ruhestand an der Erwachsenen-Uni wieder schön Politologie studieren will, oder die Frage, wie es denn um die Altersversorgung der einstigen Revolutionäre stehe.

Susanne Ofteringer ist schließlich das renommierteste Jurymitglied. Ihr Film „Nico Icon“ über die Kultsängerin Nico war 1995 ein internationaler Erfolg und wird am Samstag nach Sekt, Musik und „vielleicht kommt ja sogar der Nikolaus...“ ab 23 Uhr gezeigt. Eine Kurzkritik stand gestern in der Kino-taz. Wilfried Hippen

Verleihung des 8. Bremer Dokumentarfilmpreises Sonnabend ab 20.30 Uhr im Kino 46