Checkpoint Charlie zwischen den Fronten

■ Im Berliner Mauermuseum geht es zu wie in Zeiten des Kalten Krieges: Feindschaft und Intrigen

Unbemerkt von den vielen Touristen, die täglich ins Haus am Checkpoint Charlie kommen, tobt hinter den Kulissen ein Streit, der an das anknüpft, was das Museum seit seiner Gründung vor 35 Jahren weltweit bekannt gemacht hat: Kalter Krieg.

Seit geraumer Zeit überziehen sich ehemalige Mitarbeiter und Museumsleitung mit Verdächtigungen und Strafanzeigen. Bekannt wurden die Auseinandersetzungen nach einem offenen Brief, den sieben gekündigte Mitarbeiter an den Vorstand der „Arbeitsgemeinschaft 13. August e. V.“ und das Berliner Abgeordnetenhaus geschrieben hatten. Darin prangerten sie die Personalpolitik als „mit humanitären Grundsätzen nicht vereinbar“ an: Seit der angesehene Gründer des Museums, der 84jährige Rainer Hildebrandt, die fast fünfzig Jahre jüngere Ukrainerin Alexandra geheiratet und in die Leitung eingebunden habe, sei die Arbeitsatmosphäre „von Angst und Schrecken“ geprägt. Intrigen hätten zum Rauswurf von zwölf Mitarbeitern geführt.

Nun hat der Konflikt einen neuen Höhepunkt erreicht: Der Bürgerrechtler Wolfgang Templin, der 1996 wegen des „undemokratischen Leitungsstils“ aus dem Museum ausgeschieden war, wurde am Dienstag aus dem Verein kurzerhand hinausgeworfen. Begründung: Er habe dem Verein „schweren Schaden“ zugefügt, weil er Personalangelegenheiten öffentlich gemacht habe. Zuvor hatte er die Arbeitsgemeinschaft 13. August schriftlich aufgefordert, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen und „endlich zu handeln“. Templin will nun wegen Rufschädigung klagen. „Es kann nicht sein, daß Kritiker mundtot gemacht werden.“

Während die Hildebrandts auf stundenlange Videoaufzeichnungen mit vermeintlichen Griffen in die Kasse als „Beweise“ verweisen, wirft ihnen die Gegenseite „unzutreffende Beweise“ vor. Zwei Museumsshopbetreiber, die wegen angeblichen Diebstahls am 37. Jahrestag des Mauerbaus gekündigt wurden, haben Strafanzeige gegen Rainer Hildebrandt wegen Nötigung und Verleumdung erstattet. Vorwürfe, die Alexandra Hildebrandt als „Quatsch“ bezeichnet. Das Arbeitsklima sei gut: Das Haus, in das jährlich etwa 370.000 Besucher kommen, habe bis zum Mauerfall einen politischen Charakter gehabt, werde jetzt aber „betriebswirtschaftlich“ geführt.

Unterstützung bekommen nun die Hildebrandts von sieben Unterzeichnern eines offenen Briefes, darunter der Bürgerrechtlerin Katja Havemann und dem sächsischen Landesbeauftragten für Stasi-Akten, Sigmar Faust. Sie fordern die Presse auf, „die verdienstvolle Arbeit“ des Hauses nicht vorschnell in Frage zu stellen.

Für den Betriebsratsvorsitzenden und ehemaligen Bautzen- Häftling Bernd-Uwe Tschöke gibt es wie für andere Ehemalige nur eine Lösung: eine neue Geschäftsführung. Der 47jährige Tschöke war Ende September nach 17 Jahren gekündigt worden, nachdem die Hildebrandts Strafanzeige wegen Unterschlagung erstattet hatten. Daraufhin erstattete er selbst Anzeige gegen Rainer Hildebrandt – wegen Behinderung der Betriebsratswahlen. Barbara Bollwahn de Paez Casanova