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Italien sucht Richter für Öcalan

Regierungschef D'Alema will dem Chef der kurdischen PKK nun im eigenen Land den Prozeß machen. Doch die Rechtsgrundlage für so ein Verfahren ist wackelig  ■ Aus Rom Werner Raith

Welche Lösung die italienische Regierung im Fall des Chefs der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK), Abdullah Öcalan, auch anstrebt, stets ist sie schon kurz danach Makulatur. Neuester Einfall: Öcalan soll in Italien der Prozeß gemacht werden. „Italien ist verpflichtet, einen gerechten Prozeß zu garantieren“, sagte Regierungschef Massimo D'Alema am Mittwoch abend vor dem Parlament in Rom. Wenn das woanders nicht möglich sei, könne ein Verfahren auch in Italien stattfinden.

Nachdem der Premier bei Bundeskanzler Gerhard Schröder mit seiner Bitte um ein Auslieferungsersuchen abgeblitzt ist, Außenminister Lamberto Dini in Rußland auf seine Forderung nach Rücknahme des aus Moskau eingereisten Asylbewerbers einen Korb erhalten hat und die Europäische Union keinerlei Anstalten macht, zur Lösung des Falles beizutragen, hofft er nun auf eine salomonische Regelung. Einerseits trägt er dem Druck aus der Türkei Rechnung, Öcalan nicht einfach wieder laufenzulassen, andererseits will er die Kurden beruhigen, indem er ihm „sämtliche in einem demokratischen Rechtsstaat verfügbaren Garantien“ gibt.

Allerdings ist diese Lösung kaum praktikabel. Zwar existiert in vielen Ländern eine Art Weltrecht, wonach Personen, die nicht ausgeliefert werden können, im Aufenthaltsland vor Gericht gestellt werden dürfen. Italien selbst hat dies einige Male in Deutschland eingeklagt, als dort lebende und daher nicht auslieferungsfähige Deutsche im Verdacht standen, bei Bombenanschlägen in Italien mitgewirkt zu haben. Voraussetzung für einen Prozeß ist allerdings, daß sich ein Staatsanwalt findet, der Anklage erhebt. In Italien sind Staatsanwaltschaften jedoch, anders als in Deutschland, nicht weisungsgebunden. Zudem dürfen sie nur anklagen, wenn ein Vergehen im italienischen Hoheitsgebiet oder im Ausland gegenüber Italienern begangen wurde. Im Fall Öcalan ist das nicht gegeben.

Wie D'Alema eine Anklage in Italien durchsetzen will, ist sein Geheimnis. Die meisten Staatsanwälte sind äußerst skeptisch. Auch innerhalb der Regierungsparteien ist D'Alemas Lösung äußerst umstritten. Grüne und Neokommunisten sind gegen jede Anklage, und D'Alemas eigene Linksdemokraten sehen sich nicht in der Lage, eine konsensfähige Entschließung im Parlament einzubringen. Der Schwarze Peter, so scheint es, bleibt den Italienern erhalten. Daran ändert auch der am Mittwoch in Rom aus der Türkei eingetroffene offizielle Auslieferungsantrag nichts.

Auch in Deutschland sorgt der PKK-Chef weiter für Aufregung. Gestern überlagerte ein Streit um Öcalan die Bundestagsdebatte um einen FDP-Gesetzentwurf für ein Zuwanderungsgesetz. Unionsfraktionschef Wolfgang Schäuble warf Kanzleramtsminister Bodo Hombach (SPD) vor, ihn über die Entscheidung der Bundesregierung gegen eine Auslieferung Öcalans falsch informiert zu haben. Schäubles Vize, Jürgen Rüttgers, erklärte, Hombach habe die Entscheidung der Bundesregierung am Vorabend des Treffens von Schröder mit D'Alema in einer vertraulichen Unterrichtung der Opposition als offen dargestellt. Am folgenden Tag habe Schröder jedoch verkündet, Deutschland werde endgültig auf eine Auslieferung verzichten.

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