: „Ausflaggung“ der Schlepper droht
■ Niederländischer Reeder will mit Dumping-Preisen Reibach machen Von Kai von Appen
Hamburg droht ein Schlepperkrieg. Der holländische Reeder Adriaan Kooren möchte gegen die hanseatischen Traditionsreedereien einen Preiskampf initiieren und ab Dezember vier Schlepper auf der Elbe stationieren. Helmut Schwichtenberg, Seebetriebsrat der Reederei Bugsier kündigt an: „Wir werden uns mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln wehren.“
Die vier Hafenreedereien Bugsier, Fairplay, Lütgen & Reimers sowie Peters & Alberts teilen sich derzeit mit ihren rund 20 Schleppern das Geschäft der „Seeschiffsassistenz“. Allein für Bugsier sind rund um die Uhr sechs Schiffe mit jeweils drei Mann Besatzung im Einsatz. Gearbeitet wird in drei Schichten – zwölf Stunden an Bord, 48 Stunden frei. Bugsier muß also stetig neun Seeleute pro Schlepper vorhalten.
Und da setzt der Preiskrieg der Niederländer an: Da Adriaan Kooren sich an keine holländischen oder internationalen Tarife hält, sogar eine eigene Betriebsgewerkschaft gründete, arbeiten auf seinen Schiffen nur sechs Leute, die wesentlich länger malochen müssen. Überdies genießt das Schleppergewerbe in den Niederlanden steuerliche Vorteile. Und der Urlaub wird in Rotterdam vom Arbeitsamt als Arbeitslosengeld bezahlt. Schwichtenberg: „So kann Kooren bis zu 40 Prozent billiger anbieten.“
Ist der Preiskrieg erst einmal entfacht – die Schlepperstunde für ein 50.000-Tonnen-Containerschiff kostet 6900 Mark, und oft werden drei Schiffe benötigt –, werden die Folgen für die Hamburger Hafenbetriebe unabsehbar: „Es wird größere Einbrüche geben, die man noch gar nicht beziffern kann“, so der Bugsier-Betriebsrat, der einen Vergleich zum deutsch-niederländischen Baggerkrieg zieht. In diesem Zweig hatten die Niederländer in den vergangenen Jahren durch Dumpingangebote wesentliche Marktanteile ergattern können. Schwichtenberg: „Nun diktieren sie hier die Preise, weil es keine Konkurrenz mehr gibt.“
Laut Bugsier-Betriebsrat hat Adriaan Kooren bereits Erfahrungen im Preiskrieg. So habe er der Rotterdamer Reederei SMIT zuerst die Marktanteile weggeschnappt und als das Unternehmen wirtschaftlich angeschlagen war, ganze Besatzungen weggekauft. SMIT reagierte darauf mit einer Blockade der Kooren-Schiffe und klagt nun gegen den Billigreeder auf Einhaltung des „Normentarifvertrags“.
Da setzt auch das Forderungspaket des Bugsier-Betriebsrates an. Wenn die Europäische Union die Stationierung der Kooren-Schleppper im Elbhafen zulasse, dann müßten die Schiffe unter deutscher Flagge fahren und überdies ÖTV-Tarife gezahlt werden, bundesdeutsche Arbeitsschutzbedingungen und Arbeitszeitvorschriften müßten eingehalten werden.
Sei dies nicht gesichert, so Schwichtenberg, gebe es Kampf: „Wir werden uns da etwas einfallen lassen.“ Schwichtenberg erinnert an eine Aktion vor Jahren, als sich ein Billiganbieter im Hafen breit machen wollte. „Da haben wir nur was angedeutet – die Schiffe sind gar nicht erst im Hafen angekommen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen