: Diesmal was Gebasteltes
■ Der Untersetzer aus Strickwurst, die Blumenampel aus Sisal und Schmuckes zum Fertigbacken: Auf der Suche nach verdrängten Basteltechniken
Salzteig
Noch vier Stunden bis zur Bescherung, da kommt der Anruf. Dein Freund bringt seine Schwester mit. Na großartig. Die Läden sind zu, Wein trinkt sie nicht, mal sehen, was die Küchenschränke noch zu bieten haben: Mehl, Reste von Reis und Couscous, Zwieback, Speiseöl, ein paar Gewürze, darunter Salz – zwei Päckchen. Salz ... da gab's doch was!
Der Anfang ist leicht: Eine Tasse Mehl, eine Tasse Salz, eine halbe Tasse Wasser, das Ganze verkneten und ein bißchen Öl dazu. Der Salzteig steht, jedoch: Was soll draus werden? Briefbeschwerer, Aschenbecher, Kerzenständer? Hat sie schon. Ein Türschild mit Schnörkel drumrum, hübsch bemalt, hat sie nicht.
Also: Teig ausrollen – pizzadick –, ovale Form ausschneiden, das macht sich gut. Für den Rahmen Würstchen rollen und flechten; ein paarmal auf den Zopfkranz spucken, Spucke verreiben, Kranz aufdrücken. Mit etwas Spitzem Muster machen und, nicht vergessen, zwei Löcher zum Aufhängen. Ein bis zwei Stunden bei 150 Grad backen und mit Wasserfarbe anpinseln. Das schmückt ganz ungemein. bit
Makramee
Wer versteht Opa? Aufgedonnert wie ein Pfingstochse würde er am liebsten herumlaufen, behängt mit all seinen Orden und Ehrennadeln. Doch die finden längst nicht mehr alle Platz am Revers, und das von der Badehose abgetrennte Freischwimmer-Abzeichen muß ja auch irgendwo hin. Doch Opa hängt an seinen Ehrenzeichen. Schublade oder Schuhkarton sind keine Lösung, wohl aber der Orden-Wandbehang aus Makramee. Das ist eine alte, ursprünglich arabische Knüpftechnik, bei der nicht zwei Fäden miteinander, sondern ein Knüpffaden über einen Einlagefaden geknüpft wird.
Klingt kompliziert, ist es aber nicht: Über einen Bambusstab werden Fäden aufgeknüpft und mit versetzten Weberknoten durchgearbeitet. Als Material lassen sich Jute, Baumwolle oder Leinen benutzen. Außer dem einfachen Weberknoten – mal als halber, mal von links, rechts oder versetzt geknüpft – gibt es für kompliziertere Muster noch jede Menge anderer Knoten. Die lassen sich zudem bequem lösen und, je nach Jahreszeit, wiederverwenden: Der als Adventskalender geknüpfte Weihnachtsbaum etwa wird im Frühling zum Osternest oder dient als Eier-Überzug.
Übrigens: Wer keinen ordensbesessenen Opa hat, muß sich nicht mit der obligatorischen Makramee-Eule zufriedengeben: Ein Rundteppich aus Jute, ein Lampenschirm aus Sisal oder eine Weste aus Viskose machen sich unterm Weihnachtsbaum ebenfalls recht hübsch. ah
Strickliesel
Am Anfang stand die hölzerne Garnrolle. Die wurde oben mit vier Nägeln versehen, und dann ging's los: Mühsam mußte Masche für Masche um die Nägel gelegt werden, bis nach stundenlanger Fleißarbeit unten eine Strickwurst hervorkroch. Die Garnrolle wurde später durch ein hölzernes Weiblein – die Strickliesel – ersetzt, die Wollwurst blieb die gleiche. Erschreckend lang und farbenfroh harrte sie ihrer Weiterverarbeitung zum Topflappen oder Untersetzer.
Nun hat das kindliche Disziplinierungsinstrument Konkurrenz bekommen: die Strickmühle – in der Handarbeitsgeschichte gewissermaßen der Übergang von der reinen Handarbeit zur vorindustriellen Produktionsweise. Ein Meter Strickwurst aus der Mühle erfordert nur noch 30 Minuten Arbeitszeit; die einfache, fast automatische Handhabung des Geräts erfolgt über eine Handkurbel, die im Uhrzeigersinn gedreht wird. Bei einer Mittagspause von einer Stunde täglich sind so nach nur vier Arbeitstagen zwei Würste von je vier Metern Länge gestrickt – Ausgangsmaterial für ein zweifarbiges Eiernest, das bis zu vier Frühstückseier gleichzeitig warmhält.
Wie das geht? Man lege die beiden Schläuche parallel aneinander und nähe sie auf einer Seite zu einer Schneckenform zusammen. Runde um Runde wird mit engen kleinen Stichen genäht, die beiden Kordeln liegen locker im Kreis. Dann wird der Umfang in vier gleich große Abstände aufgeteilt und mit Stecknadeln markiert. Diese vier Punkte einfach mit einigen Stichen zusammennähen, einen kleinen Henkel in der Mitte befestigen, und fertig ist ein praktisches Geschenk für die ganze Familie. bit
Wachstunken
Nützliches muß nicht teuer sein. So lohnt sich, gerade in der vorweihnachtlichen Zeit, das Wühlen in der Wertstofftonne. Jede Menge achtlos weggeworfener Kerzenstumpen schreien da nach Wiederbelebung. Wer nach vorne blickt, sollte allerdings vermeiden, das wunderbare Wachs wieder zu dem zu machen, was es vormals gewesen ist. Denn der Verbrauch an Kerzen, so lehrt uns die Erfahrung, geht nach Beendigung der Christenzeremonie rapide in den Keller. Irgendwann ist es ja auch genug.
Wir wollen, daß beim Schenken die Herzen unsrer Lieben höher schlagen. Sie sollen spüren, daß wir besonders an sie gedacht und auch ein wenig Zeit für sie geopfert haben. Zeitlose Produkte bieten sich an, Produkte, die es in sich haben. Und die fein abgestimmt sind auf die Bedürfnisse der jeweiligen EmpfängerIn – auch die gern empfohlenen Wachskompositionen als Wandschmuck sind schließlich nicht jedermanns Geschmack.
Eine Alternative bilden Wachsbällchen. Ihr Vorteil: Im Gegensatz zu Farbeiern bestechen sie durch hohe Widerstandsfähigkeit und Haltbarkeit. Und so wird's gemacht: Die Kerzenstummel im Kochtopf erhitzen, bis sich das Wachs verflüssigt hat, die Dochtreste mit einer Pinzette entfernen. Einen Luftballon kleinerer Größe mit Wasser füllen, zuknoten und vorsichtig in die Flüssigkeit tunken. Herausnehmen und an der Luft trocknen lassen. Diesen Vorgang so lange wiederholen, bis sich eine ein bis zwei Millimeter dicke Wachsschicht gebildet hat. Nach dem völligen Erkalten des Wachsmantels Knoten öffnen und Wasser ablassen. Den Luftballon aus dem Wachsbällchen herausziehen. Mit wetterfester Farbe füllen und einem noch weichen Wachsknubbel verschließen. Frohes Fest!dia
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